Das weiße Blatt

Ausstellungsraum „Das weiße Blatt“ in Haus Nottbeck

Angst vor dem weißen Blatt hat Erwin Grosche nicht. Im Gegenteil: Im Interview im Rahmen der Ausstellung „Ich schreibe, weil …“, die 2011 in Haus Nottbeck zu sehen war, sagte er: „[I]ch liebe das leere Blatt Papier, und habe … Respekt davor.“ Im Rahmen der aktuellen Ausstellung wird anschaulich, wie Grosche das leere Blatt füllt: Er notiert im Notizbuch und auf Zettel Beobachtungen und Einfälle und „[ich] übertrage das dann auf meinen unpoetischen Kackcomputer“. Zum virtuellen Blatt im Rechner hat Erwin Grosche offenbar ein eher gestörtes Verhältnis.

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Weites Feld, umgrenzter Raum

©frandi-shooters / flickr.com (CC BY-ND 2.0)

Ein Stichwort ist noch kein Thema, habe ich neulich behauptet [siehe Eintrag vom 26.2.2014], und ich will diese These hier auf Wunsch von @diakonisch einmal präzisieren. Hintergrund der Äußerung ist die Erfahrung, dass Themenvorschläge bei der Vorbereitung von Gottesdiensten, Unterricht, Gruppentreffen etc. oft in der Form von einzelnen Schlag- und Stichwörtern gemacht werden: „Lass uns doch mal was zum Thema X machen“ – wobei X für Liebe, Gerechtigkeit, Schöpfung, Frieden etc. steht. X, so mein üblicher Einwand, sei jedoch kein Thema, sondern erstmal nur ein Stichwort.

Stich- bzw. Schlagwörter sind oft zu allgemein, um klar zu machen, was Gegenstand eines Textes, einer Predigt, eines Gottesdienstes, einer Unterrichts- oder Gruppenstunde sein soll. Oder um es mit Fontanes Effie Briest zu sagen: „X ist ein weites Feld.“ „X ist ein Stichwort, kein Thema“ beinhaltet die Aufforderung, auf einem weiten Feld einen kleineren, bearbeitbaren Raum abzustecken.

Schlag- und Stichwörter können tückisch sein, wie gut zu sehen ist beim Reden nach Stichwörtern und Mindmaps: Die Notiz eines Stichwortes vermittelt leicht das Gefühl, einen bestimmten Gegenstand schon im Blick zu haben – doch bei der mündlichen oder schriftlichen Ausformulierung wird deutlich, wie wenig dies der Fall ist. Auch bei einer Mindmap ergibt sich der Sinnzusammenhang erst aus den Verbindungen der Stichwörter durch Verästelungen. Eine schlechte Mindmap sammelt bloß Stichwörter. Erst wenn Zusammenhänge erkennbar werden, wird klar, was eigentlich der Gegenstand ist. Und genau das sollte eine Themennennung leisten: Den Raum begrenzen, um den es geht. Sonst besteht die Gefahr, sich auf dem weiten Feld eines Schlagwortes zu verlaufen, zu verzetteln, zu viele Aspekte zu berücksichtigen und am Ende zu unkonkret zu bleiben.

Allerdings muss ich zugeben: Das Wort „Thema“ ist kein eindeutiger Begriff und er lässt sich nicht immer scharf abgrenzen zu Begriffen wie Motiv, Sujet oder Plot. So gibt es in der Literaturwissenschaft durchaus das Verständnis, allgemeinere Ausdrücke wie Liebe, Tod, Krieg als „Themen“ eines Werkes zu verstehen. Themen treten hier also in Form von Schlagworten auf. Davon unterscheidet sich das Verständnis, das Thema als Grundidee und Leitgedanken eines Textes zu verstehen: unerwiderte Liebe, Angst vor dem Tod, Brutalität des Krieges. Schon ein Adjektiv kann demnach aus einem Schlagwort ein Thema machen – wobei Schlagwortkataloge durchaus aus Begriffskombinationen und kurzen Redewendungen bestehen können.

Der Unterschied zwischen Schlag- und Stichwörtern ist demgegenüber einfacher zu erklären: Schlagwörter sind zu bestimmten Zwecken normierte Begriffe, z.B. für einen Zettelkasten oder eine Datenbank. So kann z.B. ein Artikel in diesem Blog mit einem bestimmten Schlagwort versehen werden, obwohl das Wort selbst im Artikel gar nicht vorkommt. Im Englischen spricht man von subject terms. Schlagwörter sind also Begriffe, die einen allgemeineren Gegenstand begrifflich auf den Punkt bringen. Stichwörter (engl. keywords) sind hingegen Wörter, die z.B. konkret in einem Text vorkommen. Die Möglichkeit moderner Datenbanken, eine Suche im Volltext durchzuführen, macht das Ausweisen von Stichwörtern daher fast schon überflüssig.

„Ein Stichwort ist noch kein Thema“ ist also ein eher polemischer Einwand, der streng genommen einen Kategorienfehler enthält: Themen können natürlich verschlagwortet und durch Stichwörter auf den Punkt gebracht werden. „Stichwort/Schlagwort“ und „Thema“ bilden eigentlich keinen Gegensatz. Schlag- und Stichwörter dienen aber für gewöhnlich anderen Zwecken als der Textproduktion, und für diese ist es zweckmäßiger, die Themennennung genauer zu fassen, indem besser eine knappe Redewendung, eine klassifizierte Aussage oder ein spannungsvolles Begriffspaar gewählt wird.

Warum die Unterscheidung von Thema, Schlag- und Stichwort wichtig ist, kann man sich einem konkreten Text wie Psalm 23 deutlich machen. Am einfachsten sind die Stichwörter des Textes auszumachen. Dazu gehören Hirte, Seele, Straße, Unglück, Öl, Barmherzigkeit. Schwieriger ist es schon, Schlagwörter zu benennen. Ihre Wahl hängt davon ab, zu welchem Zweck ein Text unter einen Begriff gebracht wird. Schlagwörter könnten z.B. „Geborgenheit“ oder „Trost“ sein: „Geborgenheit“ kommt zwar in dem Text nicht wörtlich vor, ist aber trotzdem „Thema“ des Textes; „Trost“ kommt wörtlich vor als Stichwort „trösten“. Natürlich könnte man ausgehend vom Text sagen, sein Thema wäre „Geborgenheit“. Umgekehrt ist mit dem Schlagwort allein thematisch aber noch nicht viel ausgesagt. Genauer wäre ein Ausdruck wie „bei Gott geborgen“ oder „von Gott behütet“. Natürlich sind auch andere Formulierungen des Themas möglich. Entscheidend ist: Die Themenformulierung sollte so kurz wie möglich, aber so ausführlich wie nötig sein.

Allerdings sollte der abgesteckte Bereich auch nicht zu eng sein. Ein Thema ist weder Titel noch These. Eine zu enge Themenstellung steht in der Gefahr, die These vorweg zu nehmen und sich zu stark zu binden. Das behindert den kreativen Umgang mit einer Sache. Sich mit einem Thema zu befassen sollte immer genug Raum bieten für Neues, Überraschendes, Ungedachtes und Unbekanntes. Die Möglichkeit, die eigene These noch in der Präsentation zu verwerfen und andere Schlüsse zu ziehen, hält die Arbeit an einem Thema für alle spannend.

Wenn ich also sage, etwas sei ein Stichwort, aber kein Thema, ziele ich auf einen bestimmten Zweck. Dieser Zweck ist bei der Themensuche ein anderer, als im Rahmen der literarischen Analyse eines vorliegenden Textes die enthaltenen Stoffe und Motive thematisch auf den Begriff zu bringen. Bei einer Analyse erfüllt es einen Zweck, typische Motive als thematische Schlagwörter zu benennen. Wer aber einen Gottesdienst, eine Predigt, eine Gruppen- oder Unterrichtsstunde vorbereiten will, verschlagwortet keinen vorhandenen Text, sondern muss im Gegenteil den Text erst noch erfinden. Hilfreicher und zweckmäßiger ist es dazu, mit der Themenformulierung auf den weiten Feldern der Stich- und Schlagwörter einen Raum abzustecken, der überschaubar ist und doch genug Platz bietet für Überraschungen und neue Entdeckungen.

Notizen zur Kunst der Predigt

Die sieben freien Künster. Kolorierte Federzeichnung (wikimedia)

Ist Predigen eine Kunst? Martin Nicol und Alexander Deeg verstehen das „Predigtmachen als Kunst unter Künsten“ und die Predigt als „Kunstwerk mündlicher Kommunikation“. David Buttrick, dem Nicol und Deeg den für ihren Ansatz zentralen Moves-Begriff verdanken, schreibt hingegen: „preaching is not an art“. Dieser Widerspruch lässt sich quer durch die homiletischen Diskussionen verfolgen, wobei die meisten Homiletiker einer oberflächlichen Schätzung nach eher für den Kunstcharakter der Predigt votieren – entweder explizit, wie in Marcel Martins Rede von der „Predigt als offenem Kunstwerk“, oder implizit in Josuttis Zordnung der Predigt zur Rhetorik, also zu den artes liberales.

Ob Predigen eine Kunst ist oder nicht hängt davon ab, was unter Kunst zu verstehen ist. Leider äußern sich die wenigsten Homiletiker dazu. Buttrick konkretisiert beispielsweise, Predigen sei keine literarische Kunst, sondern Reden („Preaching is not literary art, it is speaking“). Reden im Sinne der Rhetorik gehört aber klassisch zu den sieben freien Künsten. Darauf scheinen Nicol und Deeg anzuspielen, wenn sie Predigt als „Kunst unter Künsten“ sehen. Auch eine lange Listen homiletischen Ansätze und ihres Kunstbezugs könnte die Frage nicht klären, ob Predigt nun Kunst ist oder nicht, denn in jedem einzelnen Fall müsste erst einmal geklärt werden, was denn hier jeweils unter „Kunst“ verstanden wird.

Es gibt das umstrittene Diktum, Kunst komme von Können. Hartnäckig hält sich das Gerücht, es stamme von Goebbels oder Hitler und stünde im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Kampagne gegen eine angeblich „entartete Kunst“. Die Formulierung findet sich aber schon bei Herder. Im Künstler fallen bei Herder Können und Kenntnis zusammen. Wer nur Kenntnisse hat, ist ein reiner Theoretiker, und wer nur kann, ist bloß Handwerker. Für Kunst braucht es nach Herder daher beides: Können und Kenntnis. Aber auch wenn Herders etymologische Herleitung der Kunst von Können durchaus richtig ist, lässt sich das Phänomen der Kunst dadurch nicht umfassend beschreiben. Sonst endet man tatsächlich schnell bei der Diagnose einer Kunst als „entartet“. Die Frage wäre dann: Was ist Kunst über Können und Kennen hinaus?

Vor ein paar Jahren hat Evelyn Finger in der ZEIT darüber geklagt, viele gegenwärtige Prediger hätten sich aus der „großen deutschen Tradition der geistlichen Kunstrede verabschiedet“. Sie nennt als Beispiele für diese Tradition unter anderem Meister Eckhart, Luther, Herder und Schleiermacher. Einerseits sah Finger das der akuten Zeitnot geschuldet, andererseits erkannte sie auch Probleme in neueren homiletischen Ansätzen, die –  wie sie polemisch zuspitzte – zu „rhetorisch aufgemotzt(en)“, an den darstellenden Künsten orientierten und als Event inszenierte Predigten anleiten würden, theologischen Tiefgang aber vermissen ließen. In Fingers Kritik läuft der Widerspruch von Predigt als Kunst und der Kritik an einer Predigt, die kunstvoll sein will, auf seltsame Weise zusammen, weil sie im gleichen Text offenbar mit unterschiedlichen Begriffen von Kunst operiert. Was die Predigt zur Kunst macht scheint bei Finger das Wahre und theologisch Bedeutsame zu sein.

Christoph Menke bestimmt Kunst über eine enge Verbindung zur Freiheit: Kunst bedeutet, sich frei machen zu können von der Bedingtheit menschlichen Existenz. Durch die Einbildungskraft ist der Mensch in der Lage frei Bilder aus sich heraus hervorzubringen. Religiös gewendet könnte man sagen: Kunst transzendiert das Diesseits, in dem der Künstler sich ein Jenseits dieser Welt und ihrer Bedingtheit schafft, allein aus der Kraft seiner Einbildung. Würde man Predigt in diesem Sinne als Kunst verstehen – ein für manche sicher blasphemischer und dennoch reizvoller Gedanke – wäre dies etwas völlig anderes, als das, was Nicol und Deeg behaupten und Buttrick bestreitet.

Ist Predigen eine Kunst? Die Auseinandersetzung mit der Frage ist ein Kampf mit der Hydra, denn mit jedem Versuch einer Klärung taucht ein neuer, ungeklärter Begriff auf: Können und Kenntnis, Wahrheit und Freiheit. Das Problem ist, dass kein einheitlicher Begriff von Kunst vorliegt. Wer sagt oder bestreitet, dass Predigt Kunst sei, muss also eigentlich immer dazu sagen, in welcher Hinsicht er von Kunst spricht. In einer lockeren Folge von Notizen will ich dem in Zukunft etwas nachgehen.

Über mich selbst schreiben

Notizbuch
(c) Günther Gumhold / pixelio.de

„Ich könnte ein Buch schreiben“, sagen Menschen häufig, wenn sie aus ihrem Leben erzählen. Doch obwohl viele Menschen gern von ihren Erlebnissen erzählen, gehen die wenigsten den nächsten Schritt, tatsächlich ihr Leben niederzuschreiben. Ratgeberliteratur zum Thema Autobiographie gibt es reichlich. Es scheint also Bedarf zu geben. Nun hat sich Hanns-Josef Ortheil als Autor und Herausgeber der DUDEN-Reihe Kreatives Schreiben des Themas angenommen: „Schreiben über mich selbst“ versteht Ortheil aber „nicht nur [als] eine beliebige, literarische Praxis unter vielen anderen, sondern [als] Teil einer umfassenderen ‚Lebenskunst‘ “, bei der es darum geht, „die eigene Existenz zu beobachten, zu reflektieren und zu durchdringen“ (S. 147). „Über mich selbst schreiben“ weiterlesen

Kreatives Schreiben – fortgeschritten und vertieft

„Kreativ schreiben für Fortgeschrittene“ ist die Fortsetzung von Fritz Gesings Klassiker Kreativ Schreiben. Die Rückverweise auf den ersten Band unterstreichen bei der Lektüre den Fortsetzungcharakter. Dabei kommt es vereinzelt zu Wiederholungen und Bündelungen, die allerdings die Lektüre des ersten Bandes nicht überflüssig machen.

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Scapple – die Grundfunktionen vorgestellt

Ich hab meine ersten Erfahrungen mit Scapple gesammelt und bin begeistert: Auf so ein Programm habe ich lange gewartet. OK, es gibt auch Sachen, die ich vermisse, aber vom Ansatz her ist es wunderbar, weil einfach und fast intuitiv. Wer das Programm allerdings als Mindmapping-Software oder Programm zur Erstellung von Grafiken und Flowcharts missversteht, wird enttäuscht werden. Ich will in loser Folge mal die Funktionen des Programms vorstellen. Heute geht es los mit den Grundfunktionen. Ich mache das mal als Grafik aus Scapple heraus, weil das gleich viel mehr demonstriert als jede Beschreibung.

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Scapple – bald auch für Windows?

Die Macher von Scrivener haben eine Clustering-Software entwickelt – für die Mac-Welt schon erhältlich, für Windows noch im Beta-Stadium

Notizblatt zu "Tradition und Verfahren"
Notizblatt zu „Tradition und Verfahren“

Ich hab es schon gemacht, als ich noch kein Wort dafür kannte: Clustering. Bei Mitschriften an der Uni und als Entwurfstechnik für Seminararbeiten und der späteren Dissertation habe ich kurze Notizen einkreist oder mit Wolken und Kästchen umgeben und durch Striche mit anderen Notizen verbunden. OK, es waren keine Cluster in Gabriele Ricos Sinne, aber es war ein intuitiver Versuch, Struktur in die Notizen zu bringen und Zusammenhänge für das Schreiben sichtbar zu machen.

Literature & Latte, die Macher der Autorensoftware Scrivener, die ich seit einiger Zeit benutze, haben eine Software entwickelt, mit der man am Recher in gleicher Weise arbeiten kann: Scapple. Wer sich mit den Methoden nicht so gut auskennt, könnte meinen, das müsste auch mit Mindmapping-Software gehen. Ich benutze den Mindmanager und Freemind und kann sagen: Es geht nicht. Mindmap und Cluster sind völlig verschiedene Werkzeuge. Insofern ist das Erscheinungen von Scapple mehr als erfreulich. Mac-Nutzer können das Programm bereits kaufen – Windows-Nutzer müssen sich noch etwas gedulden. Bislang liegt nur eine Beta-Fassung vor. Aber die lässt aufmerken.

In Scapple können Notizen frei platziert, verschoben und mit anderen Notizen verknüpft werden. Zudem lassen sich Scapple und Scrivener miteinander verbinden: Per drag&drop können Notizen von Scapple zu Scrivener und umgekehrt verschoben werden. Anders als beim Mindmapping gibt es keine Hierarchien der Notizen. Wer Scapple als alternative Mindmapping-Software betrachtet, wird damit ebenso unzufrieden sein wie jemand, der versucht mit Mindmaps zu clustern. Ein Video auf youtube veranschaulicht die Verwendung.

Die aktuelle Windows-Beta lässt sich noch bis zum 15. Oktober verwenden. Wann eine Verkaufsversion erscheint, steht noch nicht fest. Bei Scrivener konnte man die Windows-Testversion mehrfach verlängern, bis die Release-Version erschien.

Schreibend denken

Darwin notiert seinen Einfall zur Evolutionstheorie
„I think“ – Darwin notiert seinen Einfall zur Evolutionstheorie

“Ich denke tatsächlich oft mit der Feder”, notierte Wittgenstein einmal. Er ist nicht der einzige, der den Zusammenhang von Schreiben und Denken so oder ähnlich beschreibt. In meiner eigenen Schreiberfahrung finde ich mich darin gut wieder. Ulrike Scheuermann hat diese Erfahrung als Konzept des Schreibdenkes für die Hochschuldidaktik ausgearbeitet. Sie beansprucht damit nicht, etwas völlig Neues in die Schreibdiskussion einzubringen, aber ihr Ansatz gibt gute methodische Hinweise zum Schreibprozess beim Verfassen nicht-fiktionaler Texte. Der Prozess lässt sich auch gut auf die Predigtvorbereitung übertragen.

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Befreiter Predigen

Frei Predigen ist für viele ein hehres Ziel, aber auch mit großem Druck verbunden. Dabei muss es ja gar nicht die ganz freie, manuskriptlose Rede sein. Vielleicht sollte man deshalb lieber an freieres Predigen denken. Für das Gütersloher Prädikantenkonvent habe ich dazu sechs Thesen aufgestellt:

1. Die Predigt ist ein Ereignis im Gottesdienst.
(Das Manuskript ist nur der Predigtplan, nicht die Predigt!
Streng genommen bin ich am Samstagabend allenfalls mit dem Predigtplan fertig, nicht aber mit der Predigt.)

2. Frei predigen heißt, sich jederzeit vom eigenen Predigtplan lösen zu können.
(Das ist wie bei einem Stadtplan: ich sehe die verschiedenen Wege zu einem Ziel, und kann mich spontan umentscheiden, eine Abkürzung zu nehmen oder eine kleinen Bogen zu machen.

3. Freies Predigen braucht einen übersichtlichen Predigtplan
(Dabei gilt der Grundsatz: Soviel Übersicht wie möglich, soviel Details wie nötig)

4. Für einen übersichtlichen Predigtplan ist es wichtig, sein Predigen zu vereinfachen:
einfache Sprache,
klarer Aufbau,
langsame Entwicklung der Gedanken,
Mut zum Streichen

5.    Einfacher predigen heißt, an Aussagen und Aufbau feilen – nicht an den Formulierungen.

6.    Das Ausformulieren einer Predigt ist immer der letzte Schritt
– sei es gesprochen auf der Kanzel oder schriftlich im Manuskript.