Mini-Knigge – Regel 9: Entscheidungen treffen

Triff Entscheidungen und steh dazu. Es gibt im Gottesdienst regelmäßig Situationen, in denen trotz gründlicher Vorbereitung eine Entscheidung spontan getroffen werden muss – ohne gründlich liturgisch reflektieren oder sich mit anderen Beteiligten absprechen zu können. Beruhigend ist: Da Menschen mit zunehmender Erfahrung ein Gespür für die richtige Handlung entwickeln, werden auch Liturgen oft intuitiv die richtige Entscheidung treffen. Auch wenn wir das Selbstbild von rational handelnden Entscheidern haben: Entscheidungen fallen in einer Gemengelage aus Vernunft und Gefühl. Egal ob man etwas Wichtiges vergessen hat, man spontan etwas streicht oder aufgrund einer Zwischenfalls vom ursprünglichen Plan abweicht: Die Welt geht davon nicht unter. Klar und sicher umgesetzt werden die wenigsten überhaupt etwas bemerken.

Die Angst, etwas falsch zu machen, kann lähmen oder dazu verleiten, zu lavieren. Lavieren heißt hier: eine Handlung uneindeutig umzusetzen. Selbst wenn es nur schlechte Alternativen gibt, ist es besser, eine klare Entscheidung zu treffen – und später auch dazu zu stehen, statt zu lavieren und sich hinter Rechtfertigungen und Selbsterklärungen zu verstecken (s.o.) Spontan und schnell zu entscheiden muss ja nicht heißt, hektisch und ganz aus dem Bauch heraus zu handeln: Ein paar Sekunden Zeit sind immer, um kurz durchatmen und die Situation zu beurteilen, bevor man entscheidet und handelt. Sofern andere Beteiligte betroffen sind, sollte klar gesagt werden, was getan wird – auch wenn man damit jemandem auf die Füße tritt.

Typisches Beispiel im Gottesdienst: Man bemerkt beim Liedvorspiel, dass an den Liedtafeln zwei verschiedene Lieder oder falsche Strophen angeschlagen sind. Ruft man ins Vorspiel des Organisten die Korrektur hinein, korrigiert man nach einer gesungenen Strophe oder lässt man einfach laufen? Weitere Beispiele kleinerer Fehler, die eine Entscheidung fordern, sind, zu bemerken, dass ein bestimmter Text in der Kladde zum Vorlesen fehlt, dass bei der Trauung die Kniekissen fehlen, oder man beim Taufgottesdienst vergessen hat, dass die Oma noch ein Gebet vor der Taufe sprechen wollte. In den meisten Fällen ist es fast gleich, was man tut, solange man eine Entscheidung fällt und umsetzt.

Anders ist es sicher bei gravierenden Zwischenfällen: Wenn beispielsweise jemand während des Gottesdienstes zusammenbricht, ist klar, dass zunächst Hilfe geleistet werden muss. Ist das sicher gestellt, schließen sich weitere Fragen an: Kann der Gottesdienst – evtl. nach einer Pause – fortgesetzt werden? Wird der Gottesdienst abgebrochen und wenn ja: In welcher Form? Hier gibt es kein Handbuch zum Nachschlagen. Eine klare Entscheidung hilft auch allen anderen, sich zu orientieren.

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