Das christliche Gespräch mit seiner eigenen Vergangenheit hat mehr Partner als die Bibel allein (vgl. #4). Es ist die Fülle der kirchlichen Überlieferung, mit der christliche Antworten auf gegenwärtige Lebensfragen erörtert werden. Die Bibel ist Teil dieser Fülle. Leider krankt evangelisches Denken oft daran, dass strikt zwischen Bibel und Tradition unterschieden und die Rolle von Traditionsprozessen für das eigene Denken und Glauben nur eingeschränkt bedacht wird.
„Theologisches Notizbuch #7“ weiterlesenTheologisches Notizbuch #6
Was Religion ist, lässt sich nicht klar und eindeutig fassen. Konkrete Religionen erscheinen als Komplexe von Handlungsweisen, Anschauungen und Erlebnissen, die aber weder in allen Religionen auftreten, noch überall um einen einheitlichen Kern kreisen. Religion ist eher wie eine Überschrift, unter die man ihre unterschiedlichen Erscheinungsformen fasst. „Theologisches Notizbuch #6“ weiterlesen
Theologisches Notizbuch #4
Christliches Glauben entwickelt sich im Gespräch, insbesondere mit seiner eigenen Vergangenheit (vgl. #7). Ein wichtiger Gesprächspartner ist die Bibel, ein Buch aus vielen Büchern mit einer eigenen Geschichte. „Theologisches Notizbuch #4“ weiterlesen
Theologisches Notizbuch #2
Man kann sagen: Jeder Mensch glaubt. Allerdings heißt das nicht: Jeder Mensch ist religiös. Religion und Glaube sind nicht das gleiche. „Theologisches Notizbuch #2“ weiterlesen
Theologisches Notizbuch #1
Glauben können gehört zu den Grundfähigkeiten des Menschen. Die Fähigkeit zu glauben ist eng verbunden mit der Fähigkeit zu reden und zu hören. Jemandem glauben, was er sagt, ist die Grundszene des Glaubens. Religiöser Glaube ist eine sehr komplexe Form zu glauben, was andere sagen. „Theologisches Notizbuch #1“ weiterlesen
Mit Schlagschatten und Atemhauch
„Was mich am meisten erstaunt, ist nicht, dass sich die Kirche derart weit von ihrem Ursprung entfernt hat, sondern, im Gegenteil, dass sie nach wie vor die Treue zu diesem Ursprung zu ihrem Ideal erklärt, selbst wenn sie es nicht schafft, treu zu bleiben. Niemals wurde vergessen, was am Anfang stand.“ (S. 496)
Dieser Anfang fasziniert Emmanuel Carrère. Sein Anfang 2016 auf Deutsch erschienenes Buch “Das Reich Gottes” versucht die Ursprünge christlichen Glaubens zu ermitteln. Der Text ist autobiografischer Großessay, romanhafte Nacherzählung, nachformulierende Aneignung biblischer Texte (Réécriture) und populärwissenschaftliche Reflexion in einer faszinierenden Mischung. „Mit Schlagschatten und Atemhauch“ weiterlesen
Notizen zu einer Theologie der Wahrnehmung
Für ein Pastoralkolleg auf Spiekeroog zur „Theologie der Wahrnehmung“ habe ich ein paar Notizen zusammengestellt. Unter der Überschrift „Kommt und seht“ ging es in dem Pastoralkolleg um eine Theologie, die in die Schule des Sehens geht. Aber auch wenn Seh-Sinn unsere Weltwahrnehmung deutlich dominiert ist „Sehen“ hier umfassender gemeint. „Notizen zu einer Theologie der Wahrnehmung“ weiterlesen
Bis auf die Knochen
Writing down the bones von Natalie Goldberg gilt als Klassiker der Kreativ-Schreiben-Literatur. Das zunächst unter dem Titel „Der Weg des Schreibens“ auf Deutsch veröffentlichte Buch liegt mittlerweile unter dem Titel „Schreiben in Cafés“ als Neuauflage vor. Es handelt sich um eine lockere Sammlung von Schreibempfehlungen, die um den Zentralgedanken kreisen „Vertrau auf das, was du liebst, und es wird dich dorthin bringen, wo du hingehen musst.“ Beeinflusst sind ihre Empfehlungen durch den Zen-Buddhismus. Beim Schreiben „bis ins Mark vordringen“ (16) ist das Ziel ihres Ansatzes.
Die 64 Kapitel des Buches sind im lockeren Plauderton geschrieben. Ein Durchlesen von vorne nach Hinten ist nicht nötig. Oft umfassen die Kapitel nicht mehr als ein oder zwei Seiten. Interessant, um ein wenig in dem Buch zu stöbern.
Goldberg stellt keine Methode im engeren Sinne vor. Sie will dazu anregen ins Schreiben zu kommen, indem man einfach losschreibt und die Hand in Bewegung hält. Ihre Empfehlung: Einfach billige Spiralhefte und einen gut schreibenden Stift besorgen und Kladde um Kladde füllen. Dazu formuliert Goldberg sechs Regel:
„1. Halten Sie Ihre Hand in Bewegung. […]
2. Streichen Sie nichts. […]
3. Kümmern Sie sich nicht um Rechtschreibung, Zeichensetzung oder Grammatik. […]
4. Lassen Sie sich gehen.
5. Denken Sie nicht. Versuchen Sie nicht, logisch zu sein.
6. Weichen Sie dem wunden Punkt nicht aus. […]“
Goldberg meint nicht, dass dadurch bereits große Literatur entstünde. Es geht gar nicht um große Literatur. Jedenfalls nicht im Prozess des Schreibens. Das mag später kommen, wenn die Texte gesichtet und überarbeitet werden. Nicht aber während des Schreibens. Hier geht es darum, sich dem Schreibfluss anzuvertrauen und zu schreiben, was einem in den Sinn kommt. Eine Zensur findet nicht statt.
Anders als z.B. beim Freewriting gibt es keine weiteren Regeln. Letztlich ist alles erlaubt, was ins Schreiben bringt. Die Ausführungen von Natalie Goldberg haben hier nur den Rang von Tipps und Tricks: Was bei dem einen funktioniert, muss bei dem anderen noch lange nicht das Schreiben fördern. Die öfter wiederholte Empfehlung in Cafés zu schreiben (worauf der Titel verweist) ist eine persönliche Erfahrung von Goldberg und Freundinnen. Ob es ein Ort ist, an dem auch der Leser ins Schreiben kommt, muss es letztlich ausprobieren. Das ist einer der sympathischen Züge an Goldbergs Ansatz: Es gibt keinen Königsweg zum Schreiben, außer das Schreiben selbst. Goldberg gibt Hinweise und Anregungen sich auf den „Weg des Schreibens“ zu machen: „Es ist wichtig, dass Sie eine Methode entwickeln, wie Sie mit dem Schreiben beginnen: sonst wird der Abwasch – oder alles andere, das Sie von Schreiben ablenkt – plötzlich zu wichtigsten Sache der Welt. Eigentlich muss man nur den Mund halten, sich hinsetzen und – schreiben.“ (40)
Interessant sind die religiösen Implikationen des Buches: Schreiben wird selbst zu einer religiösen Erfahrung. An manchen Punkten wird der Prediger, der sich nicht vom Zen-Hintergrund irritieren lässt, auch viel über seine eigene Erfahrungen lesen können. Oft lässt sich diese Erfahrung bereits dadurch sichtbar machen, dass man statt „Schriftsteller“ jeweils „Prediger“ liest. Dieser religiöse Hintergrund hatte bei der Erstauflage dazu geführt, dass der Verlag das Buch in der Esoterikecke verortet hat. Auch der alte Untertitel suggerierte diesen Bezug. Goldberg geht es aber nicht in erster Linie um Selbsterkenntnis, für die sie sich das Schreiben zu Nutze machte, sondern um das Entdecken der eigenen Stimme und Sprache.
Fazit: „Schreiben in Cafés“ ist eine Sammlung von kurzen Tipps und Reflexionen zum Schreiben. Eher ein Buch zum Stöbern als zum Durchlesen. Wer schon viele andere Schreibbücher kennt, wird hier nicht unbedingt viele Neuigkeiten lesen. Aber es ist erfrischend und ermutigend, dass Goldberg keine umfangreiches Instrumentarium anbietet, sondern immer nur auf das Wesentliche rekurriert: Lust und Spaß am Schreiben zu jeder Gelegenheit und über jedes Thema.
Goldberg, Natalie: Schreiben in Cafés, Berlin: Autorenhaus 2003.
ISBN 3-932909-65-8 | 14,– € | 200 Seiten (2. Auflage: 16,80 €) [Amazon-Link]