Cartoonale Homiletik

Eine Predigt-Mindmap„Schreib doch mal eine cartoonale Homiletik, über die allmähliche Formulierung der Gedanken beim Zeichnen“, hat Silke vorgeschlagen. Eine schöne Idee. Hätte ich doch mehr Zeit. Das Bild oben zeigt einen Predigtentwurf zu Hiob 14,1-6 – mal gestaltet mit Aquarellfarben, inspiriert von den Überlegungen von Susanne Haun.

Quelle: Redline Verlag http://www.m-vg.de

Wenn es eine cartoonale Homiletik gäbe, sähe sie wahrscheintlich ein bisschen so aus wie Dan Roams „Auf der Serviette erklärt“ (Redline Verlag, München 2009). Das Buch hat zwar weder was mit Homiletik noch mit Cartoons zu tun, aber es demonstriert sehr schön, wie visuelles Denken funktioniert. Es zielt dabei auf grafisches Gestalten bei Vorträgen ab, aber die Grundprinzipien lassen sich auch für die Predigtvorbereitung nutzen.

Dan Roams Grundprinzip ist, das „innere Sehvermögen zu nutzen, …, um Ideen zu entdecken, die sonst unsichtbar sind“ (S.14). Es geht dabei nicht um einen künstlerischen Anspruch, sondern um das Nutzen der Kraft von Bildern, um Ideen so zu entwickeln, dass sie auch anderen schnell und einfach einleuchten.

Ich fand das Buch sehr inspirierend nicht nur für die Predigtvorbereitung, sondern auch für den Einsatz von zeichnendem Erklären und Erläutern im Konfirmandenunterricht und der Erwachsenenbildung. Mittlerweile ist zu dem Buch auch ein Übungsbuch erschienen.

Cluster und Mindmap als Zeichnungen

Die Künsterlerin Susanne Haun denkt ihrem Blog über die Verbindung von Mindmaps und Kunst nach – und hat in dem Zusammenhang Aquarell-Mindmaps veröffentlicht. Ein interessantes Projekt, auch wenn Nicht-Künstler sicher einen anderen Anspruch an ihre Mindmap stellen. Aber schon bei Tony Buzan finden sich Beispiele für die Verschränkung von Kunst und Mindmap. Die künsterlerische Darstellung hat dabei aber keinen Selbstzweck, sondern dient dazu Impulse zu geben und Assoziationen zu wecken (vgl. Mindmap).

In meiner Praxis verschränken sich Clustermethode und Mindmap zu einem kreativen Spielfeld, auf dem ich Ideen ausprobieren kann. Manchmal sogar, wie bei der Vorbereitung der heutigen Predigt, mit kleinen Skizzen:

Predigtskizze "Weltuntergang? Nicht schon wieder!"Das ist keine Mindmap im strengen Sinne, sondern eher ein Cluster mit graphischen Elementen. Als Predigtskript wäre das natürlich zu verworren. Es ist die Grundlage für die Ausarbeitung einer Predigt – und sei es, dass die Stichworte zur in eine schnell aufnehmbare Reihenfolge gebracht würden. Die vier Predigtteile sind aber klar zu erkennen.

In den meisten Fällen bleibt es bei sprachlichen Skizzen, wie hier, wo der Übergang vom Cluster zum Schreiben sichtbar wird:

Predigtcluster zu WundergeschichtenSo ein Cluster ist bloß ein Sprungbrett, um ins Schreiben zu kommen: Zusammenhänge werden zu einem Versuchsnetz geknüpft, aus dem irgendwann erste Ideen, Sätze, Thesen entstehen. Mit so einem Cluster kann niemand etwas anfangen als der Schreibende selbst. Schon nach kurzer Zeit wird es aber auch für den Autor schwierig, die alten Verknüpfungen und Zusammenhänge wieder zu entdecken. Das Cluster dient nur für den Augenblick.

Eine Mindmap kann dagegen durchaus auch von anderen verstanden und vom Autor auch später noch einmal verwendet werden. Richtige Mindmaps entstehen bei mir erst ganz am Ende, zum Beispiel als Stichwortzettel wie bei diesem Predigtcluster zu einer Pfingstzeltlager-Predigt in Verbindung mit der Daniel-Geschichte:

Predigt-Mindmap zur einer PfingstpredigtZwar fehlen Zeichnungen, aber es gibt farbige Kennzeichnungen und graphische Elemente, die als nächsten Schritt auch abbildende Elemente enthalten könnten.

Liste/Hitliste

Die Liste ist das einfachste Mittel, eine Reihe von Notizen zu einem Thema zu sammeln. Die Liste ist eine oft unterschätzte Grundmethode. Zur Sammlung von Assoziationen zu einem Stichwort empfiehlt es sich, die Länge der Liste klar zu bestimmen, zum Beispiel 10 Wörter zu einem Stichwort oder Thema zu sammeln. Das ist sehr einfach und dennoch effektiv, weil es dazu zwingt, sich auf mehr als nur den erstbesten Einfall einzulassen.
Die Hitliste zählt Einfälle nach einem Kriterum auf (die zehn Besten, Schlechtesten etc.) und zwingt zu Überlegungen nach einer Hierachie.
Das Problem von Listen ist: Sie werden sehr schnell unübersichtlich, weil jede Assoziation gleichwertig neben einer anderen steht. Und sie lassen sich nur schwer weiter entwickeln. Listen kommen vor allem dem linear-begrifflichen Denken entgegen. Eine Weiterentwicklung der Hitliste ist, was man im Mindmapverfahren eine Anfangsmindmap nennt: Die Einfälle werden nicht linear, sondern auf Linien rings um ein Anfangswort gesammelt. Grafisch organisierte Listen sind Wörterblume/Wörtersonne.

Methode 415

Die Methode 415 ist eine Brainwritingtechnik: Es werden Vierergruppen gebildet. Jede Gruppe erhält vier Arbeitsblätter mit einer Frage zum Text. Nun soll jedes der vier Gruppenmitglieder einen Gedanken innerhalb von fünf Minuten skizzieren. Nach fünf Minuten werden die Blätter im Urzeigersinn weitergereicht. Dieser Vorgang wird solange wiederholt, bis alle Gruppenmitglieder auf jedem Arbeitsblatt einen Gedanken niedergeschrieben haben.
Es gibt hierfür zahlreiche Variationsmöglichkeiten, z.B. als Methode 615 (=Sechsergruppen) oder 413 (=jeder hat nur drei Minuten Zeit). Ziel des Brainwriting ist, durch das Erzeugen von Stress zu ungewöhnlichen, spontanen Überlegungen anzuregen.
Als anschließende Phase wird empfohlen, die Ergebnisse in der Kleingruppe zu diskutieren und die besten Ideen auf einem neuen Blatt zu notieren. Dieses Blatt wird schließlich im Plenum vorgestellt.

Brainwriting

Das Brainwriting ist eine Kreativitätsmethode aus dem Wirtschaftsbereich und mit dem Brainstorming verwandt. Wie beim Brainstorming geht es darum, den Assoziationen freien Raum zu lassen. Dazu beginnt jeder Teilnehmer mit einem eigenen Zettel und notiert darauf seine Stichwörter und Ideen zu einem Thema. Nach einer bestimmten Zeit wird das Blatt weiter gereicht, bis es wieder beim Ursprungsautor ankommt.
Statt Stichwörtern können auch kurze Texte produziert werden. Diese Texte entstehen als Gruppentexte: In einem zuvor ausgehandelten Zeitrahmen schreibt jeder Teilnehmer seine Überlegungen zu einem Thema auf einen Zettel. Nach Ablauf der Zeit reicht er den Zettel an seinen Nachbarn weiter, der die Überlegungen fortführt usw. Ist der Zettel wieder beim ursprünglichen Autor angelangt, überarbeitet dieser den entstandenen Text.
Eine Variante bildet die Methode 415.
Zuweilen wird unter Brainwriting auch verstanden, was hier unter Freiem Schreiben (Freewriting) oder unter Automatischem Schreiben (écriture automatique) beschrieben ist.

Scrabble

Scrabble verdankt seinen Namen dem berühmten Kreuzwortbrettspiel:
In einer kleineren Gruppe (max. 10 Personen) kann man auch mit einem solchen Spiel spielen. Die Firma Mattel hat ein Scrabble-Kartenspiel auf den Markt gebracht, das sich auch für größere Gruppen eignet. Ansonsten kann auf einem Papier (in Kleingruppen), auf Folie (in größeren Gruppen), notfalls auch an einer Tafel oder Flipchart gespielt werden.
Das Spiel ist vor allem dazu geeignet, semantische Assoziationen hervor zu bringen. Man legt oder schreibt in die Mitte des Brettes resp. eines karierten Blattes ein Stichwort. Nach Scrabbleregeln werden nun reihum assoziierte Wörter hinzugefügt, d.h. Buchstaben, die zusammen kein neues Wort ergeben, müssen mindestens mit einem Wort Abstand gelegt/notiert werden.
Mit den auf diese Weise gesammelten Wörtern kann man in unterschiedlicher Weise weiterarbeiten: z.B. unter Verwendung der Wörter einen Brief/ eine Postkarte schreiben oder eine Kurzgeschichte oder ein Gebet formulieren.

Brainstorming

Das Brainstorming ist eine von Alex F. Osborn entwickelte Kreativitätsmethode, die zumindest als Begriff auf vielen Feldern angewendet wird. Das Grundprinzip des Brainstorming ist: Innerhalb einer vorher festgelegten Zeit werden alle Vorschläge und Assoziationen einer Gruppe gesammelt. Kein Vorschlag wird kommentiert oder diskutiert, jeder Vorschlag zählt gleich viel, selbst wenn er ‚unlogisch’ oder nicht ernst gemeint ist.
Das Brainstorming läuft in mindestens zwei Phasen ab: Am Anfang steht die Sammlungsphase wie eben skizziert. Methodische Elemente  können (neben dem Sammeln der Ideen auf Papier, Folie oder Tafel) das Clustering, das Stumme Gespräch oder das Scrabble-Verfahren sein. Daran schließt sich eine Kritik-Phase an, bei der die besten Ideen ausgewählt und neu zusammengestellt werden (z.B. in Form einer Mindmap).

Mindmap

Eine Mindmap (eingedeutscht auch: Wissenkarte) ist eine Methode zur Strukturierung, Kategorisierung und Hierarchisierung von Informationen. Das Verfahren wurde von Tony Buzan entwickelt und immer weiter verfeinert. Das Mindmapverfahren lässt sich auch als Instrument für ein Brainstorming gebrauchen. Allerdings ist hier das Clusterverfahren oft die angemessenere Methode (vgl. die Gegenüberstellung beider Grundmethoden).

Mindmap-Beispiel

Sammlung von Einfällen und anschließende Ordnung ist in einem Arbeitsschritt kaum möglich. Um zu verhindern, dass Notizen aufwändig von einem Cluster in eine Mindmap überführt werden müssen, kann man mit Kärtchen arbeiten. Sehr komfortabel ist Mindmap-Software für den PC (v.a. der MindManager der Firma MindJet).

Mindmap mit dem Computer

In jedem Fall ist die Kombination von Cluster- und Mindmap-Verfahren ein bewährtes methodisches Instrument der Textproduktion. Obwohl es auf den ersten Blick einfach aussieht, bedarf es einiger Eingewöhnung.

Grundregeln

Für das Mindmapverfahren gibt es verschiedene Anleitungen. Die folgende Schritt-für-Schritt-Anleitung beschreibt die Grundzüge, wie sie sich in den meisten Anwendungen finden.

1. Legen Sie ein leeres Blatt vor sich, schreiben Sie in Druckbuchstaben das Zentralwort in die Mitte des Blattes und umkreisen Sie das Wort.

Mindmap - Anfang

2. Zeichnen Sie Linien („Äste“), die vom Zentralwort ausgehen. Notieren Sie auf diesen Ästen zügig Ihre Einfälle zum Zentralwort.

3. Verwenden Sie für jeden Ast (und später für jeden Zweig) nur ein Wort!

4. Benutzen Sie nur Großbuchstaben in Druckschrift!

5. Erweitern Sie ihre Anfangs-Mindmap, indem sie den ursprünglichen Ästen weitere Zweige hinzufügen.

Mindmap mit Verzweigungen

Erweiterte Regeln

  • Verwenden Sie statt eines Zentralwortes möglichst ein Zentralbild.Schon eine Wolke ist mehr als ein einfacher Kreis. In unserem Beispiel kann daraus eine Sturmwolke werden. Weil eine Bild bekanntlich mehr sagt als 1000 Worte, kann ein Zentralbild zu Assoziationen führen, die bei der alleinigen Verwendung von Begriffen nicht möglich gewesen wären.
  • Verwenden Sie möglichst häufig Bilder und Symbole!Auch in der Mindmap sollten Sie möglichst oft zu Bildern und Symbolen greifen. Diese können neben Ästen und Zweigen stehen oder sogar ein geschriebenes Wort ganz ersetzen.
  • Variieren Sie die Größe der Schrift.
  • Unterstreichen, rahmen, gestalten Sie die einzelnen Begriffe.
  • Benutzen Sie verschiedene Farben und Stifte.
  • Bemühen Sie sich um Übersichtlichkeit!Kreisen Sie z.B. einzelne Äste und ihre Zweige ein, um Zusammenhänge zu verdeutlichen!
  • Bemühen Sie sich um hierarchische Strukturen.Suchen Sie nach Ober- und Unterbegriffen. Nummerieren Sie Zweige und Äste durch.Verstärken Sie die Hauptäste! Alles ist erlaubt, was Wichtiges von weniger Wichtigem, Übergeordnetes von Untergeordnetem, Zusammengehörendes von Zutrennendem unterscheidet und solche Unterschiede sichtbar macht.
  • Arbeiten Sie mit (vorläufigen) Anfangs-Mindmaps und ausgearbeiteten Mindmaps!Oft ergibt sich eine endgültige Struktur erst, wenn die Anfangs-Mindmap schon soweit entwickelt ist, dass sie nur noch schwer umzustellen ist. Fangen Sie dann einfach eine neue Mindmap an. Betrachten Sie die erste Mindmap immer als vorläufige Anfangs-Mindmap; das hilft, sich von dem ersten Entwurf zu lösen und eine Umgestaltung in Angriff zu nehmen.Bei der Beispiel-Mindmap würde es sich zum Beispiel nahe legen, die als 1.1, 1.2 und 1.3 nummerierten Äste zu einem Ast der Kategorie „Natur“ zusammen zu fassen. Ast 2 würde den neuen Titel „Bedeutung“ tragen. Ast 3 könnte den Titel „Übertragen“ bekommen.

Wort- und Bild-Mindmaps

Oft bleibt es – vor allem bei Anfängern – bei reinen Wort-Mindmaps, wie sie bei der Einführung der Grundregeln zu sehen sind. Reine Bild-Mindmaps dürften dagegen selbst bei routinierten Mindmappern selten sein. Für TONY BUZAN gehört es allerdings zur hohen Kunst des Mindmappings, Wort und Bild in einer Mindmap zu integrieren: So wie die Krickelei beim Telefonieren kann das Zeichnen entspannen und über den visuellen Impuls zu neuen Assoziationen führen.

Mindmap vollständig

Automatisches Schreiben (écriture automatique)

Das Automatische Schreiben ist eine Technik, die besonders im Surrealismus entwickelt wurde: Die Aufgabe ist, in einer bestimmten Zeit ununterbrochen zu schreiben. Wenn der Schreibfluss hakt, wird das letzte Wort so oft wiederholt, bis es weiter geht. Das hört sich einfach an, verlangt aber eine starke Selbstdisziplin und hohe Konzentration. Zudem muss man sich gut überlegen, was man mit solcherart entstandenen Texten anfängt: Auch sie sind kein Selbstzweck. In Anlehnung an Paulus kann man sagen: Es handelt sich um Grapholallie, die anschließend in vernünftige (prophetische) Rede überführt werden sollte.