Vor einer verschlossenen Tür ein Haufen Schlüssel. Welcher Schlüssel passt? Und was erwartet mich hinter der Tür? Vor diese Fragen stellte die Installation „Key Spirit“ von Martin Walde, die ich mal im Marta in Herford gesehen habe. Daran musste ich heute denken, als ich im Pfarrhaus die zahlreichen Schlüssel ausprobiert habe, die ich mit der Wohnungsübergabe erhielt.
Einige Schlüssel hatten ein Schlüsselschild, da war die Zuordnung klar. Andere Schlüssel waren einzeln, wieder andere durch Ringe gebündelt. Zu den wichtigsten Schlüsseln hatten Beate Herbers und Doris Ulmke eine Erklärung mitgeliefert, zum Beispiel zum Kirchenschlüssel, zum Schlüssel für das Gemeindehaus und für den Tresor. Bei einer ganzen Reihe von Schlüsseln gab es nur ein Achselzucken: Wer weiß, von wann die sind und für welches Schloss sie waren? Gibt es die Schlösser überhaupt noch?
Am Ende war es so, dass sich für alle verschlossenen Türen passende Schlüssel fanden. Viele Türen waren sowieso geöffnet. Aber für gut die Hälfte fand sich erstmal kein passendes Schloss. Anders als bei der Installation von Martin Walde stellt sich daher nicht die Frage, was sich hinter der Tür verbirgt, sondern in welches Schloss dieser oder jener Schlüssel wohl passen mag. Ist der große Buntbartschlüssel vielleicht ein alter Kirchenschlüssel? Und der kleine, zarte vielleicht von einem Schloss für ein Tagebuch? Alle heimatlosen Schlüssel kommen erstmal in eine Kiste. Vielleicht findet sich im Lauf der Zeit noch ein verschlossenes Schloss, das nur darauf wartet, endlich geöffnet zu werden.
Typisch für einen Theologen kann ich natürlich Schlüssel und Schlösser, geöffnete Türen und und abgeschlossene Bücher nicht betrachten, ohne Analogien zu ziehen. Die ersten Erfahrungen waren zum Glück – wie im Pfarrhaus – überwiegend geöffnete Türen: Trotz der Einschränkungen, die es gerade gibt, erreichen mich viele freundliche Einladungen und Willkommensgrüße auf unterschiedlichen Kanälen.
Wo werde ich in der neuen Gemeinde im übertragenen Sinn vor verschlossenen Türen stehen? Natürlich schleppe ich auch einen dicken Schlüsselbund mit mir herum mit Schlüsseln, die mir in der Vergangenenheit gute Dienste geleistet haben, die aber jetzt für kein Schloss mehr taugen. Habe ich den passenden Schlüssel vielleicht schon am Schlüsselbund, weiß nur noch nicht, welcher es ist? Finde ich noch passende Schlüssel – oder muss ich mit einem „Dietrich“ tricksen oder den Schlüsseldienst rufen?
Mit Konfis habe ich mal eine Bildbetrachtung zu Fotos von der „Key Spirit“-Installation gemacht. Da ging es um die Zukunft: Was wünsche ich mir? Was befürchte ich? Wie stelle ich mir mein Leben in zehn Jahren vor? Mir war damals die Botschaft wichtig: Wir wissen nicht, was uns hinter der Tür erwartet. Verschlossene Türen können durchaus ihren Sinn haben. Für die richtige Tür wird mir Gott den passenden Schlüssel bereitlegen. Diese Botschaft richte ich jetzt an mich selbst. Wer weiß: Vielleicht wird sich ein jetzt noch nutzlos erscheinenen Schlüssel einmal als wichtiger Türöffner erweisen.