Wer von Beckum über Albersloh nach Münster fährt, passiert nach dem Ortsschild erstmal Angelmodde-Waldsiedlung, den südlichen Zipfel der Kirchengemeinde. Ein Teil des Bereichs, die frühere Osthuesheide, galt einmal als sozialer Brennpunkt. Auch heute noch hat die Gegend nicht den besten Ruf, obwohl viele Familien gern hier leben. Seit 20 Jahren engagiert sich der Verein Treffpunkt Waldsiedlung e.V. für eine gute Nachbarschaft und in der Integrationsarbeit. Mit der Vorsitzenden des Vereins, Anna Maria Ittermann, habe ich mich heute im Treffpunkt Waldsiedlung verabredet.
Der Verein hat seine Räumlichkeiten am Bonnenkamp 73, ehemals Osthuesheide 73. Im Haus ist auch die Caritas mit einer Beratungsstelle vertreten. Der Treffpunkt Waldsiedlung arbeitet allerdings unabhängig und überparteilich. Gegründet wurde der Verein 1999, auch durch Engagement der Stadt Münster, die sich in diesem Bereich zum Handeln gedrängt sah. Bereits 1989 war ein Arbeitskreis Waldsiedlung gegründet worden, der zum Ziel hatte, die Gemeinwesen- und Sozialarbeit in diesem Bezirk stärker zu vernetzen. Der Treffpunkt Waldsiedlung kümmert sich von Anfang an um Möglichkeiten kultureller Begegnung. Es gibt Sportgruppen, handwerlich-kreative Gruppen, interreligiöse Begegnungen, einen Frauenfrühstück und anderes mehr. Im Haus des Treffpunkts können Anwohner Räume anmieten für private Feiern wie Geburtstage, Konfirmationen oder Beerdigungen. Dort ist auch eine Ausgabestelle der Münster-Tafel.
Die ursprüngliche Heidelandschaft war bis Ende der 1930er landwirtschaftlich genutzt worden. 1938 baute der Münsteraner Betonfabrikant Peter Büscher, nach dem auch eine Straße im Viertel benannt ist, hier Häuser für Arbeiterfamilien. Den Namen „Waldsiedlung“ erhält der Stadtteil in den 1960er Jahren, als hier zwischen Albersloher Weg und Werse, Erdelbach und Hiltruper Straße eine großflächige Siedlungsbebauung beginnt. Prägend sind für den Stadtteil bis heute die Mehrfamilien- und Reihenhäuser, die für britische Soldaten gebaut wurden. Als die brititsche Armee Mitte der 1980er Jahre die Siedlung aufgab, wurden die rund 250 Wohnungen an private Investoren verkauft und von diesen günstig vermietet.
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Ende der 1980er Jahre begann die katholische Kirchengemeinde St. Bernhardt und die Friedens-Kirchengemeinde mit Sozial- und Gemeinwesenarbeit. Die Friedens-Kirchengemeinde mietet zu diesem Zweck einen alten Bäckerladen an und installierte dort Angebote für Jugendarbeit. 1988/89 baute die Gemeinde die Gemeinde am Junker-Jörg-Platz ein Pfarrhaus, das Pfarrer Gerhard Trottier nach seinem Stellenantritt bezog. Geplant war zunächst, hier auch ein neues Gemeindezentrum zu bauen. Der Plan wurde dann aber wieder aufgegeben und mit Neubau des Gemeindehaus am Erlenbusch, der Reduzierung auf eine Pfarrstelle und dem Erwerb des Pfarrhauses an der Wallhecke wurden auch das Pfarrhaus am Junker-Jörg-Platz veräußert.
In dieser Zeit Ende der 80erJahre wandelte sich die ehemalige Osthuesheide allmählich zum Problembezirk mit schlechtem Ruf. Weil Anwohner aufgrund der Adresse Osthuesheide zunehmend Probleme bekamen bei Bestellungen, Taxirufen und Krediten, wurde 1994 ein erster Teil der Osthuesheide in Bonnenkamp umbenannt, nachdem sich die Eigentümergemeinschaft I auf Sanierungen verständigt und damit den Wohnwert gesteigert hatte. 2010 zog die Eigentümergemeinschaft II nach, so dass auch die Straßenzüge ihrer Wohnungen durch die Umbenennung in den Bonnenkamp eine Aufwertung erfuhren. Mittlerweile ist die Osthuesheide Geschichte: Nachdem auch die Eigentümergemeinschaft III die Wohnung saniert hat, ist auch dort die Straße umbenannt worden.
Der Treffpunkt Waldsiedlung ist nach wie vor dort sehr aktiv. Auch wenn die Probleme nachgelassen haben, gibt es immer noch viel zu tun. Dass die Waldsiedlung zuletzt wieder in die Schlagzeilen geriet als Corona-Hotspot zeigt für Frau Ittermann, dass es weiterhin zum Teil schwierige Verhältnisse im Bezirk gibt. So liegt nach Angaben der Stadt Münster der Anteil von SGB-II-Empfängern bei rund 13%. Junge Migrantinnen und Migranten machen 53% aus. Das führt immer wieder zu Konflikten zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft.
Zusammen mit der Caritas sind die Mitglieder des Treffpunkts Waldsiedlung deshalb immer wieder als Streitschlichter unterwegs und bemühen sich darum, Bewohner zusammen zu bringen. Der Treffpunkt Waldsiedlung will ein Begegnungszentrum sein. Wichtig sind dazu die vielfältigen Angebote, die der Treffpunkt Waldsiedlung macht:
- Nähkurse
- Sportgruppen für Frauen
- Fahrradwerkstatt
- Kochkurse
- Sprachkurse
- Mutter-Kind-Gruppen
- Männergruppe
- Hausaufgaben- und Lernunterstützung
Nicht alles davon lässt sich immer aufrecht erhalten. Es fehlt oft an Ehrenamtlichen, die sich mit Einbringen. Als 2015 viele Geflüchtete ins Land kamen, gab es einen kleinen Boom an Menschen, die sich engagieren wollten. Die Welle ist etwas abgebt. Jetzt kommt die Corona-Krise hinzu, die die Arbeit einschränkt. Frau Ittermann ist aber guter Dinge, dass mit dem Rückfahren der Einschränkungen im Treffpunkt Waldsiedlung wieder viel möglich wird. Und Anne Maria Ittermann hat noch viele Ideen, auch was die Zusammenarbeit zwischen dem Treffpunkt und der Ev. Frieden-Kirchengemeinde betrifft.