Frei Predigen ist für viele ein hehres Ziel, aber auch mit großem Druck verbunden. Dabei muss es ja gar nicht die ganz freie, manuskriptlose Rede sein. Vielleicht sollte man deshalb lieber an freieres Predigen denken. Für das Gütersloher Prädikantenkonvent habe ich dazu sechs Thesen aufgestellt:
1. Die Predigt ist ein Ereignis im Gottesdienst.
(Das Manuskript ist nur der Predigtplan, nicht die Predigt!
Streng genommen bin ich am Samstagabend allenfalls mit dem Predigtplan fertig, nicht aber mit der Predigt.)
2. Frei predigen heißt, sich jederzeit vom eigenen Predigtplan lösen zu können.
(Das ist wie bei einem Stadtplan: ich sehe die verschiedenen Wege zu einem Ziel, und kann mich spontan umentscheiden, eine Abkürzung zu nehmen oder eine kleinen Bogen zu machen.
3. Freies Predigen braucht einen übersichtlichen Predigtplan
(Dabei gilt der Grundsatz: Soviel Übersicht wie möglich, soviel Details wie nötig)
4. Für einen übersichtlichen Predigtplan ist es wichtig, sein Predigen zu vereinfachen:
einfache Sprache,
klarer Aufbau,
langsame Entwicklung der Gedanken,
Mut zum Streichen
5. Einfacher predigen heißt, an Aussagen und Aufbau feilen – nicht an den Formulierungen.
6. Das Ausformulieren einer Predigt ist immer der letzte Schritt
– sei es gesprochen auf der Kanzel oder schriftlich im Manuskript.