Tag 54: Vom Drubbel zum beliebten Wohnquartier

Der Stadtteil Gremmendorf zählt, wie ich gelernt habe, schon zur Stadt Münster, während Angelmodde als Vorort gilt. Der Übergang ist freilich fließend, da die Bebauung der beiden Stadtteile ineinander übergeht und selbst viele, die dort wohnen, die genaue Grenze nicht kennen. Openstreetmaps dehnt gar Gremmendorf nach Süden aus und nennt den Bereich „Gremmendorf West“. Dabei liegt „Gremmendorf West“ auf der anderen Seite das Albersloher Wegs, während der alte Gremmendorfer Teil „Gremmendorf Ost“ heißt bzw. Alt-Gremmendorf genannt wird. Alt ist dabei relativ, denn Gremmendorf ist nicht älter als 200 Jahre und zählt damit zu den jüngeren Stadtbezirken.


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Als typisch für Gremmendorf gilt, dass es keine Straßen gibt, sondern Wege. So ganz stimmt das aber nicht, denn am östlichen Rand liegen die Wolteringstraße und die Agathastraße. Am nördlichen Rand liegt die Straße Delstrup, ein Wohngebiet mit neuer Bebauung, das an den alten Namen des Bereichs erinnert, die Bauernschaft Deltstrup. Ursprünglich gehörte die Bauernschaft zu Mauritz. 1903 wurde die Bauernschaft eingemeindet und gehört seitdem zur Stadt Münster.

Die Straße Delstrup erinnert heute an die ehemalige Bauernschaft Delstrup

Rings um den Hof Gremme hatte sich damals ein Häuserdrubbel gebildet. Als die Westfälische Landeseisenbahn ebenfalls 1903 für ihren Pängelanton eine Haltestelle in der Bauernschaft einrichtete, nannte sie die Haltestelle „Gremmendorf.“ Im Lauf der Zeit verdrängte der neue Name für die kleine Siedlung den ursprünglichen Namen der Bauernschaft.

Der Ursprung von Gremmendorf, der ehemalige Hof Gremme.

Die ursprüngliche Haltestelle war etwa dort, wo heute der „Pängelanton“ und das Eisenbahnmuseum stehen. Gleich dahinter wurde 1905 (nach anderen Quellen 1907) die Gaststätte „Waldesruh“ gebaut. 1929 übernahme Ludwig Heuckmann die Gaststätte, die fortan „Haus Heuckmann“ hieß. In der traditionsreichen Gaststätte feierte der Ort- und Schützenverein Gremmendorf und die Niederdeutsche Heimatbühne führte dort ihre Stücke auf. 2015 wurde der Schankbetrieb allerdings eingestellt, weil es nicht mehr rentabel war. „Haus Heuckmann“ wurde abgerissen und an der Stelle entstand ein modernes Mehrfamilienhaus.

Das moderne Wohnhaus am Gremmendorfer Weg wurde dort errichtet, wo einst „Haus Heuckmann“ stand.

Anfang des 20. Jahrhunderts galt Gremmendorf als Münsteraner Villenviertel. Zahlreiche alte Villen am Gremmendorfer Weg zeugen noch von dieser Zeit. Als 1936 auf der Loddenheide eine Luftnachrichtenkaserne entstand, wuchs der Stadtteil in mehreren Etappen rasch an. Nach dem zweiten Weltkrieg übernahmen britische Soldaten die Kaserne auf der Loddenheide. Nun entstand auch westlich des Albersloher Wegs am Heeremannsweg eine neue Siedlung, später am Biederlackweg. In den 1970er Jahren wuchs der Bezirk weiter nach Norden, als das Wohngebiet am Erich-Greffin-Weg und Zwei-Schulmann-Weg entstand. Auch Gewerbegebiete gehören zu Gremmendorf: Am Höltenweg seit den 1970er Jahren und auf der Loddenheide nach 2000.

Villen in Gremmendorf

Was den Stadtteil prägt, sind einmal die trennenden Verkehrslinien, die WLE-Strecke, die quer durch Gremmendorf läuft und der Albersloher Weg, der Gremmendorf in West und Ost-Gebiet teilt. Zum anderen ist prägend, dass es keinen Ortskern und kein Zentrum gibt. Manche setzen auf das neu entstehende Wohngebiet im Bereich der ehemligen York-Kaserne, wo unter anderem das einstige Offizierskasino zum Bürgerzentrum werden soll. Befürchtungen richten sich auf die Wiedereröffnung der WLE-Strecke, die neuen Lärm und Unruhe in das sonst so beschauliche Viertel bringt. Entsprechend regt sich Widerstand gegen diese Pläne.

Protestschilder gegen die WLE-Strecken-Reaktivierung an den Bahngleisen