Wenn ich von meinem Schreibtisch aus dem Fenster blicke, sehe ich einen unscheinbaren Parkplatz. Es ist Rückseite einer Bankfiliale und einer Pizzeria – und der Eingang zu Beratungsräumen der Diakonie Münster. Heute habe ich mich dort mit drei Mitarbeiterinnen der Diakonie getroffen. Mich interessierte, welche Arbeit denn in den Räumen passiert, auf die ich jeden Tag schaue. Natürlich wollte ich auch etwas mehr über die Arbeit der Diakonie in Münster und in den Stadtteilen Gremmendorf und Angelmodde erfahren. Das informative Gespräch hat mir eine gute erste Übersicht gegeben und mir vor allem deutlich gemacht, wie viel es noch zu entdecken gibt.
Zumindest von zwei wichtigen Einrichtungen in Angelmodde wusste ich schon vorher: die offene Kinder- und Jugendarbeit „Mobile“ und das Blaukreuzwäldchen. Tatsächlich bildet die Diakonie aber ein enges Netzwerk, das an vielen weiteren Stellen tätig ist, zum Beispiel in dezentralen Jugendwohngruppen, ambulanten Diensten, Beratungen in Familienzentren und niedrigschwelligen Angeboten wie dem Treffpunkt „Café Knirps“ in unserem Gemeindehaus.
Diakonie in Münster gibt es im Prinzip, seit es eine evangelische Gemeinde in Münster gibt. Im Mittelpunkt stand am Anfang die Armenfürsorge und Hilfestellungen für Menschen, die durch die Befreiungskriege von der napoleonischen Herrschaft in Not geraten waren. 1824 wurde der „Evangelische Frauenverein zu Münster“ gegründet, ein Vorläufer der späteren Frauenhilfe, mit einer klar sozial-diakonischen Zielsetzung. Mitte des 19. Jahrhunderts nahmen dann erste Diakonieschwestern ihre Arbeit in Münster auf. 1863 wurde das Johannisstift als erstes Evangelisches Krankenhaus in St. Mauritz eröffet, aus dem Anfang des 20. Jhd. das Ev. Krankenhaus an seinem heutigen Standort hervorging. 1914 wurde das Diakonissenmutterhaus Münster gegründet und 1965 das Perthes-Werk, dessen Hauptsitz bis heute in Münster liegt. Bis zur Fusion der nordrhein-westfälischen Diakonien zur „Diakonie Rheinland Westfalen Lippe“ (RWL) 2016 hatte das damalige „Diakonische Werk von Westfalen“ bis zum Umzug nach Düsseldorf 2019 seinen Sitz in Münster.
Diakonie in Münster hat also eine lange Geschichte. Mittlerweile arbeitet die Diakonie Münster auf ganz unterschiedlichen Arbeitsgebieten. Mit über 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist sie gleichzeitig ein wichtiger Arbeitgeber in der Stadt. „Stark für Andere!“ ist das Leitwort der Diakonie Münster. Im Gespräch heute mit Brigitte Krone, Anne-Mieke Wenner und Maike Meyer zu Gellenbeck habe ich vor allem einen kleinen Einblick zwei Arbeitskomplexe bekommen: die Beratungs- und Bildungsarbeit und die Kinder-, Jugend- und Familienhilfen.
In der Beratungs- und Bildungsarbeit geht es vor allem darum, Menschen zu unterstützen, die sich zum Beispiel verschuldet oder Abhängigkeiten entwickelt haben oder in psychischen Krisen stecken. Es geht um Ehe- und Familienberatung, aber auch um Hilfestellung für Migrantinnen und Migranten oder Fragen der rechlichen Betreuung. Der Bereich der „Frühen Hilfen“ zeigt dabei, wie vielschichtig die Problemlagen oft sind. Stadtteilkoordinatorin Anne-Mieke Wenner zum Beispiel berät Familien und Alleinerziehende ab der Schwangerschaft bis zur Einschulung in Ernährungsfragen ebenso wie bei Finanzproblemen. Sie vermittelt die Betroffenen zielgerichtet in wohnortnahe Angebote oder begleitet bei Amtsgängen und Arztterminen. Maike Meyer zu Gellenbeck berät Familien in Krisensituation. In Beratungsprozessen begleitet sie Menschen dabei, Wege aus belastenden Lebens- und Familiensituationen zu finden.
Die Kinder-, Jugend- und Familiendienste stellen wiederum ein komplexes System der Jugendhilfe dar, das sich vor allem in diversen Einrichtungen zeigt wie den Heilpädagogischen Tagesgruppen (HTG), Jugendwohngruppen und WG’s für unterstützungsbedürfte Über-18-jährige, aber auch ambulante Hilfen zur Erziehung. Die „Brücke“ kümmert sich um straffällig gewordene Jugendliche. Es gibt Streetworker, Schulsozialarbeit und ein Sleep-In für wohnungslose Jungendliche. Brigitte Krone ist Koordinatorin im Bereich der Ambulanten Hilfen und hat davon erzählt, wie umfassend das Arbeitsspektrum ist. Tatsächlich kann ich hier nur einen kleinen Ausschnitt wiedergeben von der beeindruckenden Bandbreite der hier geleisteten diakonischen Arbeit.
War diakonisches Arbeiten früher einmal vor allem privates, ehrenamtliches Engagement ist es heute eine hoch professionalisierte Arbeit – zum Glück, muss man schnell dazu sagen, bevor das jemand bedauert. Dabei geht es nicht nur um die Kenntnisse der sozialgesetzlichen Grundlagen, sondern vor allem um ein professionelles Handeln in komplexen Problemlagen. Die Vielfalt der Informationen ist geradezu erschlagend und trotzdem war es ja nur ein kleiner Einblick in die diakonische Arbeit vor Ort. Als Nächstes stehen für Kontakte zu „Mobile“ und zum „Blaukreuzwäldchen“ auf dem Plan. Ich bin gespannt.