Bibelkreise haben eine lange Geschichte, die bis in die Reformationszeit zurückreicht und deshalb oft als typisch evangelisch gilt. Schon Luther hatte dazu geraten, sich neben dem Gottesdienst auch in der Woche zum gemeinsamen Bibellesen zu treffen. Es waren dann aber vor allem Pietisten, die sich in Bibelstunden dem Studium der biblischen Schriften widmeten. Bis zur Reformation reicht die Geschichte des Bibelkreises in der Friedens-Kirchengemeinde zwar nicht zurück und auch die Ausrichtung ist anders als pietistisch-evangelikalen Kreisen, aber die Gruppe ist eine feste Institution im Gemeindeleben. Heute haben sich die Mitglieder erstmals seit langer Zeit wieder getroffen. Ich war die erste Stunde in der Gruppe zu Gast.
Tatsächlich gehören einige der Gruppenmitglieder dem Kreis bereits seit der Gründung vor rund 40 Jahren an. Bis 2008 wurde die Gruppe von ihrer Gründerin Ulla Schreiber geleitet. Seitdem leitet Heinz-Willi Kehren die Gruppe. Der ehemalige Diakon an St. Bernhard und Mitarbeiter der LVHS Freckenhorst war nach seinem Ruhestand angefragt worden, die Leitung zu übernehmen. Dass ein Mitglied der katholischen Gemeinde den Bibelkreis einer evangelischen Gemeinde leitet, zeigt die ökumenische Ausrichtung der Gruppe. Auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gehören unterschiedlichen Konfessionen an.
Schön ist, dass der Kreis sich über die Jahrzehnte eine große Offenheit für neue Mitglieder bewahrt hat. So waren heute morgen Teilnehmer dabei, die zwischen 40 Jahren und einem Jahr dabei sind. Viele sind dazwischen eingestiegen und manche sind durch den Kreis überhaupt erst in Kontakt mit der Friedens-Kirchengemeinde bekommen. Die Gruppe trifft sich wöchentlich, seit einigen Jahre jeweils am Donnerstagmorgen.
Nach einem Einstieg mit der Tageslosung geht es normalerweise in eine erste Gesprächsrunde. Dann gibt es eine Kaffeepause, bevor eine zweite Runde startet. Das war heute natürlich etwas anders. Zum einen haben die Gruppenmitglieder sich mir vorgestellt und ich mich ihnen. Zum Anderen hat Heinz-Willi Kehren eine Art virtuelle Kirchenführung gemacht, und zwar durch die Bruder-Klaus-Kapelle in Wachendorf. Hintergrund ist, dass der Kreis oft, wenn ein Thema abgeschlossen war, einen Ausflug gemacht hat in eine andere Kirche, um diese zu besichtigen. Da das im Moment nicht möglich ist, hat Heinz-Willi Kehren sehr anschaulich von seinem Besuch in der Feldkapelle erzählt.
Thematisch hat sich der Kreis in der vergangenen Jahren mit vielen Themen quer durch die Bibel befasst. Dazu gehörten Männer und Frauen der Bibel, Schöpfungsgeschichten oder Essen und Trinken in der Bibel. Auch ganze biblische Bücher hat sich die Gruppe vorgenommen, zuletzt das Markusevangelium. Aber dann kam die Pandemie. Gruppentreffen waren nicht mehr möglich. Heinz-Willi Kehren hat durch wöchentliche Briefe den Kontakt gehalten und sich thematisch der Apostelgeschichte genähert.
Beim Treffen heute sollte es darum gehen, sich wieder zu sehen und miteinander zu überlegen, wie die nächsten Treffen aussehen können. Geplant ist, sich nun wieder regelmäßig donnerstags zu treffen – selbstverständlich unter Corona-Bedingungen. Aber das schließt ja nicht aus, dass man sich in herzlicher Gemeinschaft begegnet. Das jedenfalls war dem heutigen Treffen gut anzumerken.
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