Das weiße Blatt

Ausstellungsraum „Das weiße Blatt“ in Haus Nottbeck

Angst vor dem weißen Blatt hat Erwin Grosche nicht. Im Gegenteil: Im Interview im Rahmen der Ausstellung „Ich schreibe, weil …“, die 2011 in Haus Nottbeck zu sehen war, sagte er: „[I]ch liebe das leere Blatt Papier, und habe … Respekt davor.“ Im Rahmen der aktuellen Ausstellung wird anschaulich, wie Grosche das leere Blatt füllt: Er notiert im Notizbuch und auf Zettel Beobachtungen und Einfälle und „[ich] übertrage das dann auf meinen unpoetischen Kackcomputer“. Zum virtuellen Blatt im Rechner hat Erwin Grosche offenbar ein eher gestörtes Verhältnis.

Wie kommen Schriftsteller zu ihren Ideen? – Das ist die Frage, die hinter dem Symbol des weißen Blattes steht. Das Klischee will es so, dass der Schriftsteller davor sitzt, bis ihn die Muse küsst – oder auch nicht. In Wirklichkeit sind die Prozesse natürlich anders – und komplexer. Die Ausstellung im Museum für westfälische Literatur verspricht einen Blick in die Werkstätten und auf die Schreibtische von Schriftstellern wie Jörg Albrecht, Otto A. Böhmer, Judith Kuchart, Frank Göhre oder Katharina Bauer. Allerdings hält die Ausstellung nicht ganz, was die Selbstdarstellung im Netz verspricht.

Die Sonderausstellungen in Haus Nottbeck sind immer reicht klein, weil nur ein Raum im Erdgeschoss und ein Kellerraum samt Weg dorthin genutzt werden. Trotzdem werden hier regelmäßig durchaus gehaltvolle Projekte realisiert, zum Beispiel die schon erwähnte Ausstellung „Ich schreibe, weil …“. Die aktuelle Ausstellung knüpft daran an, allerdings wird nur ein Raum genutzt. Auf großformatigen Plakaten sind die Antworten einiger Schriftsteller dargestellt: Rings um ein leeres Blatt werden Aspekte und Prozesse der individuellen Ideenfindung gezeigt. Aber auch wenn man sich Zeit nimmt – länger als eine halbe Stunde braucht es nicht, die Exponate ausgiebig zu studieren. Und bis auf Grosches Rede vom „unpoetischen Kackcomputer“ ist so viel auch nicht bei mir hängen geblieben.

Zwar war auch die Ausstellung „Ich schreibe, weil …“ nicht sonderlich umfangreich, aber es gab damals neben der Internetseite des Literaturportals Westfalen einen guten Ausstellungsband mit den Interviews sowie einer DVD. Die Ausstellung damals war gewissermaßen nur ein Appetithappen, sich zuhause mittels Internet und Buch weiter in die Thematik zu vertiefen. Das fehlt in der Ausstellung „Das weiße Blatt“. Gerne hätte ich mir zuhause die Sachen noch einmal in Ruhe angesehen, vielleicht ergänzt um weiteres Material und Interviews. So war ich aber zumindest angeregt, wieder einmal in das Buch von 2011 hinein zu schauen.