Theologisches Notizbuch #3

Christlich Glauben baut auf Jesus von Nazareth auf. Er trägt den Ehrentitel „Christos“, weil seine ersten Anhänger in ihm den „Messias“ gesehen haben, den Gesalbten. Das griechische Wort ist Übersetzung des jüdischen Ehrentitels für den zum König gesalbten Herrscher (vgl. #5). Es ist tatsächlich eine der Eigentümlichkeiten christlichen Glaubens, dass im Mittelpunkt zunächst die Person und erst dann seine Lehre steht. Das Evangelium, also die frohe Botschaft der Apostel, ist: „Der rechtmäßige König ist da. Er wurde hingerichtet, aber Gott hat ihn wieder aufstehen lassen, was bezeugt: Jesus ist der Christus.“

Dass im Zentrum der Botschaft die Person steht, ist mit Problemen verbunden: Über die historische Gestalt des Jesus von Nazareth ist wenig bekannt, auch wenn heute kaum noch bezweifelt wird, dass er tatsächlich gelebt hat. Auch über den Inhalt seiner Lehre weiß man wenig. Versuche, aus den biblischen Texten die ursprünglichen Worte von Jesus heraus zu filtern, gelten als gescheitert. Die frühesten Zeugnisse sind Briefe und Predigten, Jahre und Jahrzehnte nach dem Tod von Jesus verfasst, die die Person und Lehre bereits interpretieren und auslegen. Erzählungen über sein Leben, die die Evangelisten verfasst haben, sind noch später entstanden. Diese Erzählungen sind nicht nur bereits theologisch geprägt, sondern mit literarischen Mitteln gestaltet. Der Christus Jesus begegnet vor allem als literarische Gestalt.