Notizbuchblog

Notizbuch und iPhoneComputer oder Handschrift – das ist hier die Frage? Nicht nur in diversen Produktivitätsblogs, auch bei Pastoren begegnen einem beide konträre Auffassungen. Im Rahmen von Simplify-Tendenzen wird dabei zunehmend die Stärke von Papier und Stift wieder entdeckt. Eine nicht unwichtige Sache ist dabei der Kult schönen Materials: Kolbenfüller, Moleskine-Notizbücher, elegante Papiere …

Ich selbst fahre disbezüglich auch zweigleisig: Die Grundausstattung ist ein einfaches Notizbuch mit befestigtem Stift und mein iPhone (das an die Stelle des heißgeliebten Palm getreten ist). Weil die Stifthalter oft entweder nicht dran sind oder nur für bestimmte Stifte, mache ich meinen Stifthalter selbst: ein Gummiband wird einfach festgetackert (geht natürlich nur mit einem stabilen Tacker). So kann ich im Prinzip überall Notizen und Predigteinfälle festhalten.

Stifthalter - self-madeWas die Notizbücher angeht, bin ich nicht wählerisch. Am liebsten unliniert, aber das gibt es nicht immer. Sehr inspirierend ist da das bei Notizbuchblog von Christian Mähler – über „Notizbücher und die ganze Welt drumherum“. Exquisites Notizschreibzeug, das ohne Akku auskommt.

Für mich hat sich das Notizbuch auch als Filter und Fundgrube entwickelt: alles, was wichtig erscheint, wird abgetippt und in den Zettelkasten eingefügt. Manchmal zeigt sich da schon am Abend, dass ein Gedanke nur wenige Stunden lang wirklich interessant bleibt. Andererseits finde ich manchmal nach Monaten oder sogar Jahren in einem alten Notizbuch, das dann wie ein Tagebuch wirkt, alte Gedanken und Beobachtungen, die erst durch die zeitliche Distanz interessant werden – und manchmal Eingang finden in eine neue Predigt.

Tagebuch-Hack

In Bud Caddell’s Blog „What consumes me“ findet sich die kleine Idee eines Moleskine-Hacks: Ein Tagebuch-Eintrag enthält drei Bereiche: eine Liste der Dinge, die man am Tag getan hat, persönliche Gedanken und ein Glück-o-Meter. Vor allem die abgetrennte Ereignisliste finde ich eine gute Idee. Oft möchte ich einfach nur in einer Notiz festhalten, was war. Das unterbricht aber oft den Gedankenfluß – oder passt einfach nicht dazu.

Die Moral von der Geschicht

Jede Erzählung, so behauptet Benjamin in Der Erzähler, führt „offen oder versteckt, ihren Nutzen mit sich“ (388), und zwar in Gestalt einer Moral, einer Anweisung, eines Sprichworts oder einer Lebensregel. Der Erzähler ist „ein Mann, der dem Hörer Rat weiß“ (388). Der veraltete Stil Benjamins, der einem fast nostalgische Schwingungen beschert, lenkt schnell darüber hinweg, dass seine Analyse harsch ist: „Rat, in den Stoff gelebten Lebens eingewebt, ist Weisheit. Die Kunst des Erzählens neigt ihrem Ende zu, weil die epische Seite der Wahrheit, die Weisheit, ausstirbt.“ (388) – Ich bin mir nicht sicher, in wie weit ich dem zustimmen kann.

Zum einen ist der Punkt interesssant, dass Weisheit als „epische Seite der Wahrheit“ bestimmt wird. Heute gilt gemeinhin gerade die knappe Meldung als Wahrheit, und gerade nicht die epische Breite. Aber auch wenn es wahr ist, ist es nicht unbedingt weise: Die Evangelien sind ein wunderbares Beispiel dafür, wie die Weisheit gerade in der Erzählung seine eigentliche Form findet.

Auf der anderen Seite hat mittlerweile z.B. die Filmindustrie es wunderbar verstanden, die „epische Seite der Wahrheit“ auszubreiten und im Plot zu verdichten. Heute wird mehr Moral im Kino verkündet als von der Kanzel. Und es gelingt gerade durch moderne Formen des Erzählens, wie der Film. Vielleicht wäre Benjamin ganz platt, wenn er sehen würde, wie platt heute erzählerische Weisheit sein kann.

Erzähler als Handwerker

Walter Benjamin denkt am Werk Nikolai Lesskows entlang über den Erzähler nach (in Illuminationen). Es gibt, so Benjamins These, immer weniger Menschen, die noch erzählen können: Die Kunst des Erzählens geht zu Ende. Damit geht eine wichtige Fähigkeit verloren, nämlich die, Erfahrungen auszutauschen. Ursache dafür ist, daß die Erfahrung an Bedeutung verloren hat. Wichtig hierfür die Erfahrung des (1.) Weltkriegs, die zum verstummen führte: „nicht reicher – ärmer an mitteilbarer Erfahrung“ (386) kamen die Soldaten aus dem Krieg.

Grundlage der Erzählung ist die von Mund zu Mund weitergegebene Erfahrung. Die Erzähler lassen sich in zwei Gruppen unterteilen, die Reisenden, die aus der Ferne berichten, und die Daheimgebliebenen, die Geschichten und Überlieferungen ihrer Umgebung kennen. Personifiziert sind die Gruppen in Seeleuten einerseits, im Ackerbauern andererseits. Zusammen kommen beide Gruppen im Handwerker, den wandernden Burschen und den seßhaften Meistern, die früher selber wanderten. „Wenn Bauern und Seeleute Altmeister des Erzählens gewesen sind, so war der Handwerksstand seine hohe Schule. In ihm verband sich die Kunde von der Ferne, wie der Vielgewanderte sie nach Hause bringt, mit der Kunde aus der Vergangenheit, wie sie am liebsten dem Seßhaften sich anvertraut.“ (387)

Zettel in der Schachtel

Wittgensteins Arbeitsweise bestand darin „aus der großen Menge dessen, was er schrieb, kurze, unabhängige Stücke als relativ befriedigend auszuwählen und sie in Gruppen zusammenzuordnen“ (Anscomb und von Wright im Vorwort zu Zettel). In seinem Nachlass fand sich aber auch eine Schachtel mit überwiegend ungeordneten Zetteln, bei denen unklar geblieben ist, wozu Wittgenstein sie gesammelt hat. Es sind zum Teil Fragmente, die die Herausgeber erst ergänzen mussten. Aber das macht diese Zettel so spannend: Sie sind wie kleine Skizzen, die nicht den Wert einer großen Zeichnung haben, aber einen Gedanken erahnen lassen. – Schön ist diesem Zusammenhang das Verb „zusammenordnen“.

Abgelegte Gedanken

Manchmal, wenn ich in alte Notizen schaue, entdecke ich abgelegte und zu unrecht vergessene Gedanken wieder. Oft frage ich mich allerdings auch: Was wollte ich damit sagen? Ich werde zu meinem eigenen Exegeten und wünsche mir, ich hätte mich damals klarer ausgedrückt. Am meisten nerven mich die Passagen, in denen ich ganze Abschnitte lang andere Positionen referiere, ohne zu einer eigenen Aussage zu gelangen. Ich erinnere mich an Gespräche mit Freunden, die meine Dissertation Korrektur gelesen haben und die ihren Finger permanent auf die Stellen gelegt haben, wo sie eine klare Aussage vermissten. Leider sind zahlreiche solcher Stellen in der Arbeit übrig geblieben, weil ich den Gedanken „irgendwie interessant“ fand. Jetzt sehe ich mehr und mehr: Es geht nicht darum, interessante Gedanken zu festzuhalten, sondern klar und knapp zu sagen, warum das interessant ist. Wenn keine klare Aussagen möglich ist, ist das ein deutliches Indiz dafür, dass ich (noch) gar nichts zu sagen habe. Abgelegte Gedanken sind potentielle Gedanken. Vielleicht müssen sie im Kasten reifen.

Zettel nummerieren

Wer einen Zettelkasten führt, wird in der Regel die Zettel einfach durchnummerieren: 1, 2, 3, 4, … Das geht, keine Frage, unendlich weiter. Will man später einen Zettel nachträglich einfügen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, aber am Einfachsten ist sicher, den Zahlen Buchstaben anzuhängen. So hat es z.B. Niklas Luhmann gemacht: 1, 1a, 1b, 2 … etc. Später kann man noch an 1a den Zettel 1a.1 anhängen so weiter unendlich verzweigen. Der Kasten wächst nach außen wie nach innen.

Soweit, so gut. Wer seinen Zettelkasten digital führen will, findet in Daniel Lüdeckes „Zettelkasten„-Programm eine geniale, weil einfache, aber effektive Umsetzung dieses Prinzips. Der digitale Zettelkasten ist einfach zu bedienen und erlaubt bei relativ geringem Arbeitsaufwand schnell von den großen, kreativen Möglichkeiten des Zettelkastens zu profitieren. Hier werden alle Zettel nach der Reihenfolge ihres Einstellens nummeriert: 1,2,3 … Eine nachträgliche Einsortierung hinter einen bestehenden Zettel ist nicht möglich – aber letztlich auch nicht nötig, weil einerseits über die Schlagworte, andererseits über eine Folgezettelfunktion Verknüpfungen hergestellt werden können.

Jetzt kommt das Problem: Wer einen richtigen Zettelkasten mit echten Zetteln führt, kommt schnell an die Grenzen eines bloß Hinten-an-Sortierens: Die einfachen Verlinkungen funktionieren nicht. Man muss jeden Zettel von Hand herausnehmen. Da ist es oft sinnvoll, Zettel nach einem ersten Ad-Hoc-Empfinden einzusortieren: Hinten-an oder Zwischen-drin. Das kann man beim echten Zettelkasten problemlos machen, in der digitalen Umsetzung funktioniert das nicht (in einer älteren Version ging das noch). Da es kein eigenes Feld für manuelle Zettelnummern gibt, das später sortierbar ist, bleibt nur die Möglichkeit, das Feld Zettelüberschrift dafür zu verwenden. Aber ach: Die Sortierung des Feldes erfolgt alphabetisch, Zahlen werden von 0-9 sortiert. So ergibt sich die Reihenfolge 1, 10, 2, … Die Zettelordnung ist perdu.

Nach einigem Tüfteln habe ich mein System für Nummern herausgefunden. Es funktioniert nun nach folgendem Schema: 01.01.001. In Kombination mit Zahlen, etwas 01a.01a.001a lassen sich fast unendlich viele Zettel in Kästen einbringen.

Natürlich könnte man nach Deweys System zählen: 1, 1.1, 1.11, aber das ist Umständlich zu handhaben und schnell missverständlich: Der Zettel 1.11 sieht aus wie eine Unterordnung unter 1.1. Auch das System 1, 1.1, 1.1.1 ist kompliziert und wirkt hierarchisch.

Die Nummerierung, die ich jetzt anwende, scheint mir dagegen sehr flexibel: Die erste Zahlengruppe markiert den Kasten, die zweite Zahlengruppe markiert eine thematische Gruppe, die dritte Zahlengruppe einzelne Zettel. So sind zunächsteinmal 100 Kästen von (00-99), pro Kasten 100 thematische Gruppen und pro Gruppe 1000 Zettel möglich. Das ist eine ganze Menge. Will man nun einen Zettel einfügen, lässt sich einfach ein Buchstabe anhängen 01.01.001a. Auch an die Gruppen lassen sich Gruppen anhängen 01.01a.001. Das gleiche gilt für die Kästen. Damit ist der Zettel zwar nicht unendlich, aber praktisch unendlich befüllbar. Unterschiedliche reale Kästen, auch mit unterschiedlichen Formaten, lassen sich so in einem System kombinieren.

Das Grundprinzip ist, dass in der Regel ein Zettel einem bestehenden Zettel angehängt wird. Theoretisch sind zwar auch Vorsortierungen möglich, aber m.E. wenig sinnvoll.

Mit dem Umweg über den Zettelkasten von Daniel Lüdecke habe ich damit für mich ein weiteres Problem gelöst: Manche Notizen tippe ich in der Textverarbeitung und stelle den Absätzen Nummern voran. Die Sortierung der Absätze war dabei immer ein Problem, weil sie ebenfalls Alphabetisch funktionierte. Das geht nun auch nach dem gleichen System.

Mit der Feder denken

Wittgenstein schreibt: „Ich denke tatsächlich mit der Feder, denn mein Kopf weiß oft nichts von dem, was meine Hand schreibt.“ (in den „Vermischten Bemerkungen“) – Schreiben ist mehr als seine Gedanken zu Papier bringen. Wenn man erst denkt und dann schreibt, weiß man beim Schreiben schnell nicht mehr, was man gedacht hat. Es ist mehr sowas wie die „Verfertigung des Gedankens beim Schreiben“.

 

[siehe auch: Predigen und Schreiben]

Roman vs. Erzählung

Der Roman, so Benjamin, stiehlt der Erzählung zu Beginn der Neuzeit die Bedeutung. Anders als die Erzählung geht der Roman weder aus der mündlichen Tradition hervor, noch mündet er in mündliche Tradition. Der Roman bleibt wie der Romancier für sich: „Die Geburtskammer des Romans ist das Individuum in seiner Einsamkeit, das sich über seine wichtigsten Anliegen nicht mehr exemplarisch auszusprechen vermag, selbst unberaten ist und keinen Rat mehr geben kann.“ (Der Erzähler, 389). – Die epische Breite verbietet ja auch ein Nach- und Weitererzählen. Interessanter Weise heißt im Englischen der Roman oft „Novel“, während die Novelle als Erzählform eine Ungeheuerlichkeit preisgibt, die gut erzählbar ist. – Die Frage ist für mich allerdings, ob man das heute noch so sehen kann wie Benjamin. Die Prämisse eines Romans – ist das nicht seine Botschaft, sein Rat, seine Weisheit? Oder ist das schon der durch den Film wieder erzählerisch gewordene Roman?

Blick in die Romanwerkstatt

Ortheil-Cover: Wie Romane entstehen„[E]in Roman ist die Erschaffung nicht eines Augenblicks oder einer Szene“, sagt Hanns-Josef Ortheil, „er ist die Erschaffung eines poetischen Universums.“ (S. 48) In Vorlesungen und Seminaren haben der Schriftsteller Ortheil und der Lektor Klaus Siblewski einen Einblick in diesen Schöpfungsprozess geben, und legen den Ertrag nun in zweimal vier Vorlesungen schriftlich vor. Angefangen bei den ersten Ideen bis hin zu den Phasen des Lektorats zeichnen sie wesentliche Elemente der Manuskriptentwicklung nach. Im Zentrum stehen dabei vor allem die typischen Probleme, die bei einem Großprojekt wie einem Roman entstehen. Viele Beispiele aus der Schreibpraxis bekannter Autoren illustrieren das. Als Hauptproblem erweist sich dabei der Umgang mit der Stofffülle.

Ortheil sieht den Romanschriftsteller als einen Menschen mit einer Veranlagung zum Sammeln, Notieren und Skizzieren. Der Romanschriftsteller hat ein enzyklopädisches Interesse (S. 34): Er studiert die Welt, indem er wahllos Detailbeobachtungen sichtet und in Form von Notizen festhält, ohne sie sofort in Beziehung zueinander zu setzen oder zu ordnen. In seiner Roman-Werkstatt entsteht so ein „ein unübersichtlicher, labyrinthischer Bau von Notizen, Aufzeichnungen, Skizzen, Fragmenten, Plänen oder Tagebuch-Elementen, der nie an ein Ende kommt“ (S. 15), sondern immer weiter wächst und wuchert.

Aus diesem Fond, diesem enzyklopädischen Archiv an Beobachtungen und Erinnerung (S. 25) entstehen immer neue Ideen und Einfälle für Romane. Da, wo sich Detailbeobachtungen, Szenen, Bilder (Ortheil spricht von „Welt-Folien“) verdichten entsteht ein „Faszinosum“ (S. 54), aus dem Fragen hervorgehen, die in verschiedene Richtungen locken: Wie könnte eine Notiz weiter geschrieben werden? Welche Konstellationen von Figuren sind denkbar? Wie können die Räume der Romanwelt betreten werden? (S. 62) Der Schriftsteller lässt sich auf Spuren locken, denen er folgt und von denen er immer weiter hingezogen wird in die Romanwelt, bis er sie kartografieren kann: Aus den Spuren der Geschichte entstehen mentale Karten, Bauskizzen, Baupläne, die die Bausteine der Geschichte zu einer Gesamt-Architektur zusammenfügen (S. 103f). Irgendwann ist es dann soweit, dass erste Sätze, Kapitelinhalte etc. plötzlich da sind und der Roman Gestalt anzunehmen beginnt (S. 113).

Die beiden Vorlesungsreihen sind inhaltlich wie formal recht unterschiedlich, bei zahlreichen Überschneidungen und Bezugnahmen. Ortheils vier Vorlesungen behandeln das „Notieren und Skizzieren“, „Figuren, Räume, Texte“ sowie das „Spuren suchen“ und schließen mit einer „Entstehungsgeschichte“, die auf amüsante Art den zuvor beschriebenen Prozess des Hineingezogenwerdens des Autors in eine Geschichte erzählerisch nachbilden. Siblewski schreibt wesentlich nüchterner über die „Poetische Vision“ eines Autors, das „Recherchieren, Konzipieren“, das „Schreiben, Gliedern, Entwerfen“ bis hin zum „Redigieren“. Gemeinsam sind den beiden Teilen die zahlreichen Beispiele von Schriftstellern, die Einblick nicht in die fertigen Werke, sondern in die Notizbücher und Ideensammlungen geben. Das ist spannend und außerordentlich lehrreich, weil einmal das Rohe und Unbehauene des ersten (und manchmal verworfenen) Notats im Mittelpunkt steht, nicht das schon viele Überarbeitsphasen durchlaufene Endergebnis.

Inhaltliche Gemeinsamkeit entsteht bei der Erörterung des zentralen Problems der Romanentstehung, wie die Menge an Material überblickt werden kann. Dabei gibt es allerdings keine praktischen Tipps, wie eine erzählerische Ordnung hergestellt werden kann, sondern diese Arbeit wird als das eigentliche Abenteuer und Wagnis des Schreibens behandelt: „[W]ie organisieren sich Autoren ihre Arbeit, dass sie auf diese erzählbare Ordnung stoßen und sie dann auch realisieren können. Genauer: Wie sie ins dauerhafte und zu einem guten Ende führenden Erzählen gelangen? Dieser Frage stellt sich mit jedem Roman neu, und das bedeutet: Autoren beginnen an jedem neuen Roman zu arbeiten, als seien sie Debütanten in diesem Fach. Sie können nicht auf Erfahrung zurückgreifen und müssen mit ihrem Projekt wieder lernen, wie es sich zu einem literarisch befriedigenden Resultat bringen lässt“, schreibt Siblewski (S. 197).

Es ist gerade dieser Aspekt des Buches, der die Vorlesungen auch für Predigerinnen und Prediger spannend macht: Eine Predigt ist im Stoffumfang zwar in keinster Weise mit dem Roman zu vergleichen, aber vieles von dem, was insbesondere Ortheil über die Roman-Werkstatt schreibt, gilt für die Predigt-Werkstatt in gleicher Weise: Die Arbeit in der Predigt-Werktstatt beginnt nicht mit der nächsten Predigt, sondern das unentwegte, noch ziellose Sammeln, Notieren und Beobachten ist der Fond und Reservoire, aus dem immer neu Predigten entstehen.

Fazit: „Wie Romane entstehen“ gewährt einen aufschlussreichen Einblick in die Werkstatt des Roman-Schriftstellers. Auch wenn der Schwerpunkt natürlich deutlich bei der Roman-Entstehung liegt, sind die Einsichten auch für das Handwerk des Predigens interessant, weil Prediger und Schriftsteller viele gleiche Werkzeuge gebrauchen. Praktische Anleitungen wird man allerdings nicht finden, sondern vorwiegend theoretische, aber bedenkenswerte Reflexionen.

Ortheil, Hanns Josef / Siblewski, Klaus: Wie Romane entstehen, München: Luchterhand, 2008. ISBN 978-3-630-62111-1 | 10 € | 283 Seiten [Amazon-Link]