„Aller Anfang ist schwer“ oder „Anfangen ist leicht“ – Sprichwörter transportieren oft sehr gegensätzliche Erfahrungen. In der Tat: Den einen fällt es leicht, etwas Neues anzufangen, nur haben sie Schwierigkeiten, dabei zu bleiben. Andere warten auf einen entscheidenden Impuls um anzufangen und schieben den Start vor sich her. Diese Erfahrungen machen auch Menschen, die schreiben. Die einen haben die Schublade voller vielversprechender Anfänge, die anderen den Kopf voller Ideen, aber das Blatt bleibt leer. „Mit Fingerübungen beginnen“ weiterlesen
Glückliche Entdeckungen
„Ich suche nicht, ich finde“, lautet ein bekanntes Bonmot von Pablo Picasso. Niklas Luhmann hat einmal ähnliches gesagt, als er die Arbeit mit seinem Zettelkasten beschrieben hat: Wenn er beginnt, hat er oft bestimmte Dinge im Kopf, an die er sich erinnert und nach denen er im Zettelkasten sucht. Meistens findet er aber anderes und vor allen Dingen neue Bezüge, die ihn auf die eigentlich spannenden weil überraschenden Aspekte stoßen. In der Ausstellung „Serendipity. Vom Glück des Findens“ in der Bielefelder Kunsthalle ist aktuell ein Teil des Zettelkastens von Niklas Luhmann zu sehen. Dieser bildet – wenn auch nicht verbunden mit Picasso – den Ausgangspunkt für die Begegnung mit zwei deutschen Künstlern der Gegenwart, für die das Glück des Findens Teil ihrer künstlerischen Arbeit ist: Ulrich Rückriem (*1938) und Jörg Sasse (*1962). Mittelbar wird in der Ausstellung anschaulich, wie wichtig das glückliche Finden für kreatives Arbeiten ist. „Glückliche Entdeckungen“ weiterlesen
Über das Notizbuch
Meiner Vikarin Kathrin Klagges habe ich zum Abschied am 31. März ein kleines Notizbuch und diesen Text als Anleitung geschenkt. Erst wollte ich nur ein paar Sätze aufschreiben, aber plötzlich ist ein ganzer Blogartikel draus geworden. „Über das Notizbuch“ weiterlesen
Robinsons Rat zum Zettelkasten
In Haddon Robinsons Buch „Predige das Wort“ (Originaltitel: Biblical Preaching) wird sehr schön der Einsatz von Zettelkästen für Prediger beschrieben. In seinem Kapitel über die lebendige Ausgestaltung eines Predigtentwurfes mit illustrierendem Material schreibt Robinson:
„Das meiste Material findet der Prediger zweifellos in seiner eigenen Sammlung. Deshalb sollte es sich ein gutes Ordnungssystem dafür anlegen. Denn was er dort für seine Predigt findet, hängt völlig davon ab, was und wie er es hinein getan hat. Es gibt viele Systeme, um die Ergebnisse des Studiums und Lebens zuordnen. Normalerweise benötigt man zweierlei Karteien. In die eine Großformatige ordnet man Predigtnotizen, Auszüge und Kopien so, wie sie sind. Sie können eingeteilt sein nach Themen oder nach den Büchern der Bibel.
„Robinsons Rat zum Zettelkasten“ weiterlesenIch wünsch mir einen Zettelkasten
Zu Weihnachten wünsche ich mir dieses Jahr einen neuen digitalen Zettelkasten. Könnte ich programmieren, hätte ich das schon längst in Angriff genommen. Da ich leider nicht programmieren kann, setzte ich meine Hoffnung darauf, dass der Weihnachtsmann meinen Blog liest.
Der digitale Zettelkasten meiner Wahl ist zunächst einmal und seit einigen Jahren der „Zettelkasten“ von Daniel Lüdecke. „Zettelkasten“ orientiert sich an Niklas Luhmanns analogem Zettelkasten und setzt das Prinzip eigentlich ganz gut um. Seit einer Umstellung von einigen Jahren hat das Programm für mich aber zwei wichtige Funktionen verloren: die Möglichkeit, Zettel an selbst gewählten Stellen einzusortieren und die Möglichkeit, mehrere, ausgewählte Zettelkästen zeitweilig zu kombinieren, ohne sie gleich zusammenführen zu müssen. Seit es diese Funktionen nicht mehr gibt, bin ich immer mal wieder auf der Suche nach einer Alternative.
Ich komme vom analogen Zettelkasten und arbeite auch weiter damit, aber digitale Kästen haben einfach große Vorteile: die einfachere Schlag- und Stichwortverwaltung sowie die Suche im Gesamttext. Was diese Anforderungen betrifft, sind eigentlich sämtliche auf dem Markt erhältlichen digitalen Zettelkästen gleich gut. Die Unterschiede ergeben sich aus speziellen Anwendungszwecken, auf die sich die jeweilige Software konzentriert: Literaturverwaltung wie bei Synapsen, Notizverwaltung wie bei Resophnotes, Outlining wie bei ScribblePapers oder persönliche Wikis wie bei ConnectedText.
Für mich ist ein Zettelkasten das beste Werkzeug, um Notizen zu verwalten. Allan Henry hat auf lifehacker.com 2011 seine besten Notiz-Apps vorgestellt: Evernote, Springpad, OneNote, Simplenote sowie – Überraschung – Stift und Papier. Bei einer Leserumfrage haben 37% für Evernote und 33% für Stift und Papier als beste Apps votiert, gefolgt von OneNote mit nur noch 18%. Ich würde Papier und Bleistift noch den Vorrang vor Evernote geben, doch egal, welche Notiz-App man benutzt: Sie sind nicht geeignet hunderte oder tausende von Notizen auch zu verwalten. Dazu braucht es einen guten Zettelkasten.
Leider gibt es keinen digitalen Zettelkasten, der meinen Wünschen voll und ganz entspricht: Flexibel wie ein analoger Kasten, bearbeitbar wie ein digitaler. Zurzeit arbeite ich parallel mit drei Systemen, von denen jedes für sich seine Vorteile hat. Der „Zettelkasten“ kommt dem idealen Zettelkasten noch am nächsten. Er ist mein mittleres System. Bevor nämlich eine Notiz im „Zettelkasten“ landet, kommt sie erst in ResophNotes: Das Programm ist schnell und kann über SimpleNote sogar mit meinem Mobiltelefon kommunizieren. Umfangreichere Überlegungen zu Begriffen, Personen und Konzepten werden dagegen in ConnectedText eingepflegt, meinem persönlichen Wiki. Die ideale Notizverwaltung müsste die drei Systeme vereinen. Folgende fünf Wünsche an einen neuen digitalen Zettelkasten hätte ich:
1. Zur Suche in den Zetteln sollten sich verschiedene Zettelkästen per Mausklick kombinieren lassen. Das war beim „Zettelkasten“ vor einigen Versionen mal möglich, fiel dann aber einer Überarbeitung zum Opfer. Ideal wäre, wenn alle in bestimmten Ordner abgelegten und thematisch getrennten Zettelkästen sich per Klick auf ein Auswahlfeld aktivieren oder deaktivieren ließen.
2. Zettel sollten sich neben der alphabetischen und chronologischen Sortierung vor allem auch manuell sortieren lassen wie bei CintaNotes – nur komfortabler. Bei CintaNotes muss eine Notiz im manuellen Modus per Alt-Up oder Alt-Down verschoben werden. Bei hunderten von Notizen ist das unmöglich. Besser wäre, zum einen direkt vor oder nach einem Zettel eine Notiz einfügen zu können oder per Befehl zu sagen: diesen Zettel bitte vor oder nach jenem Zettel.
3. Zettel sollten als einzelne txt-Files in einem Ordner abgelegt werden können, formatiert mit MarkDown – wie bei ResophNotes. Für jeden neuen Zettelkasten sollte es einen eigenen Ordner geben, zwischen denen man einfach wechseln kann. Es sollte möglich sein, verschiedenen Zettelkästen gleichzeitig zu öffnen. Dieser Punkt ist mir wichtig, weil ich auch in 20 Jahren noch auf meine Notizen zugreifen können will.
4. Es sollte einen Schreibtisch geben, auf dem ausgewählte Zettel zu Weiterverarbeitung abgelegt werden können – wie beim „Zettelkasten“.
5. Die Notizen sollten sich sowohl einzeln ansehen lassen, wenn sie ausgewählt sind, als auch in einer kombinierten Ansicht, so dass man durch alle ausgewählten Notizen scrollen kann – wie bei CintaNotes oder noch besser die Scrivenings-Ansicht bei Scrivener.
Über mich selbst schreiben
„Ich könnte ein Buch schreiben“, sagen Menschen häufig, wenn sie aus ihrem Leben erzählen. Doch obwohl viele Menschen gern von ihren Erlebnissen erzählen, gehen die wenigsten den nächsten Schritt, tatsächlich ihr Leben niederzuschreiben. Ratgeberliteratur zum Thema Autobiographie gibt es reichlich. Es scheint also Bedarf zu geben. Nun hat sich Hanns-Josef Ortheil als Autor und Herausgeber der DUDEN-Reihe Kreatives Schreiben des Themas angenommen: „Schreiben über mich selbst“ versteht Ortheil aber „nicht nur [als] eine beliebige, literarische Praxis unter vielen anderen, sondern [als] Teil einer umfassenderen ‚Lebenskunst‘ “, bei der es darum geht, „die eigene Existenz zu beobachten, zu reflektieren und zu durchdringen“ (S. 147). „Über mich selbst schreiben“ weiterlesen
Ins Labyrinth der Zettel
Zettelkästen sind für viele, die schreiben, eines der wichtigsten, kreativen Werkzeuge. Eine Ausstellung im Deutschen Literaturarchiv in Marbach erlaubt im Jean-Paul-Jahr 2013 einen Einblick in die sonst verschlossenen Zettelwelten, denn in der Regel findet sich im Labyrinth der Zettel nur der zurecht, der es angelegt an. Wem die Reise an den Neckar zu weit ist, kann sich an einem großartig gestalteten Katalog erfreuen, der gerade erschienen ist. Neben einem 163-seitigen Textteil gibt es einen rund 220-seitigen Bildteil, der einen guten Einblick gibt in die Vielgestaltigkeit von Zettelkästen. Allein das Stöbern darin ist eine große Freude.
„Ins Labyrinth der Zettel“ weiterlesenDinge sammeln
Über das Sammeln schreibt Walter Kröber in „Kunst und Technik der geistigen Arbeit“: „Wir sammeln Verstreutes; das bekommen wir unregelmäßig. Das wird im Großen zusammengelegt, wir verzichten fürs erste auf (genauere) Ordnung im einzelnen, bewerten auch noch nicht gleich. Denn: Systematik (Ordnung) und Auswahl (nach Bewertung) ist schon eine höhere Stufe des Sammelns“. Die Technik und das Problem sind schön beschrieben. Die meisten Dinge, die unsere Aufmerksamkeit fesseln, tauchen unregelmäßig auf: E-Mails, Telefonanrufe, ein Predigteinfall, eine Konfi-Anfrage über Facebook, eine interessante Zeitungsmeldung, jemand, der einen Lebensmittelgutschein braucht … Am liebsten möchten alle diese Dinge sofort behandelt werden. Aber dann würde man sich total verzetteln. Also gilt es, die Dinge erstmal zu sammeln. Aus den Augen, aus dem Sinn – und trotzdem sicher verwahrt.
Sammeln ist das erste der insgesamt vier grundlegenden Handlungsmuster (neben Durcharbeiten, Planen und Handeln), die Leo Babauta in Zen to Done behandelt. Seine Empfehlung ist, die Vielzahl der Dinge, die auf uns einströmen, so zu kanalisieren, dass sie in möglichst wenigen Orten aufgefangen werden. Das kann zum Beispiel bedeuten, keine diffenzierte Ablage zu benutzen, sondern nur eine einzige Ablagebox, in der alles gesammelt wird, was herein kommt: Briefe, Liedzettel, Broschüren, Taufanfragen, Rechnungen, Zeitungsartikel … Die Frage, was wohin gehört, stellt sich zunächst einmal nicht. Ordnung und Bewertung sind „höhere Stufen des Sammelns“, wie Kröber sagt, und gehören zum Durcharbeitungsschritt.
Für das Sammeln an wenigen Eingangsorten gibt es drei gute Gründe: Erstens muss man nicht dauernd Entscheidungen treffen, was wohin gehört. So bleibt mehr Zeit und Konzentration für das, was man gerade tut. Zweitens muss man sich nicht alles merken, was gerade reinkommt und noch zu tun ist: man notiert es oder legt es an einer Stelle ab, ohne dauernd das Gefühl zu haben, was wichtiges zu vergessen. Drittens muss man nicht dauernd mehrere Orte kontrollieren, ob dort noch eine vergessene Aufgabe schlummert. Es ist übersichtlicher, und das entlastet.
Ein einfaches Beispiel, das im Prinzip jeder benutzt, ist der Anrufbeantworter oder die Mailbox: Das Telefonklingeln verlangt eine sofortige Reaktion. Ist man aber gerade in einem Trauergespräch, kann man nicht einfach ans Telefon gehen. Also stellt man das Telefon stumm oder aus. Nach dem Gespräch sieht man: es haben sich zwei Anrufe gesammelt (das Abrufen und Beantworten gehört bereits zum Schritt „Durcharbeiten“). Ähnliches gilt z.B. für E-Mails und Facebook. Statt sich dauernd über aktuell eingehende Mails etc. informieren zu lassen ist es besser, E-Mails oder Infos bei Facebook erstmal zu sammeln.
E-Mails stellen ein besonderes Problem dar. Hier hat mir Babautas Vorschlag geholfen, auf einfache Weise mit den vielen E-Mails umzugehen. Während ich mich früher damit beschäftigt habe, ein möglichst effizientes Filtersystem für E-Mails aufzubauen, dass die eingehenden Mails automatisch in bestimmte Unterordner lenkt, landen sie jetzt erstmal in den Eingangsordnern. Babautas Vorschlag, möglichst nur eine E-Mail-Adresse zu verwenden, setzte ich allerdings so nicht um. Thunderbird bietet mit den gruppierten Ordnern eine gute Möglichkeit, alle eingehenden Mails in einem Ordner zusammen zu sehen und trotzdem zu differenzieren. Ein ungelöstes Problem ist die dienstliche Groupwise-Adresse, für man sich extra über ein Web-Interface einloggen muss: die Mails lassen sich nicht automatisch weiterleiten und wegen der eingeschränkten Möglichkeiten von Groupwise (im Vergleich zu Thunderbird oder Outlook) eignet sich das System auch nicht als zentrale Sammelstelle. Eine Benachrichtigungsfunktion gibt es bei Groupwise auch nicht, so dass einem nichts anderes übrig bleibt, als in regelmäßigen Abständen das Konto manuell zu checken. Wie auch immer am Ende das persönliche E-Mail-System aussieht: Es sollte vor allem einfach und übersichtlich sein.
Eines der mächtigsten Instrumente zum Sammeln sind Notizbücher und Kladden. Auch hier gilt letztlich: lieber nur ein Notizbuch verwenden als ein ausdifferenziertes System. Natürlich kann man eine Vielzahl von Notitzbüchern verwenden, wenn die Zwecke klar sind: ein Tagebuch für persönliche Eintragungen, Arbeitsjournale für aktuelle Projekte etc. Darum geht es aber hier nicht. Ein Notizbuch hat die Funktion, schnell zur Hand zu sein, um zu notieren, was auch immer gerade ansteht, wo auch immer man sich befindet: ein Predigteinfall, ein zu erledigendes Telefonat, Notizen für ein Memo oder etwas für die Einkaufsliste. Neben einem kleinen Notizbuch benutze ich noch eine Schreibtischkladde. Das ist ein Buch im A5-Format, das aufgeschlagen auf dem Schreibtisch liegt und in dem ich z.B. beim Telefonieren Dinge notiere. Während ich früher kleine Notizzettel und Post-its gefüllt habe (und manchmal verzweifelt nach einer Notiz suchen musste) ist so alles an einem Ort versammelt. Mittlerweile hat sich die Schreibtischkladde zum zentralen To-Do-Buch entwickelt.
Schon diese kurze Zusammenstellung zeigt, wie fundamental das Sammeln ist. Wie auch immer man es umsetzt: Entscheidend ist der Vorschlag, die Dinge, die ankommen, an so wenigen Orten wie möglich zu sammeln. Damit ist noch keine Aufgabe erledigt, aber es dafür gesorgt, dass die Dinge erstmal aus dem Blick und aus dem Kopf sind – und am Sammlungsort sicher verwahrt sind, bis sie durchgearbeitet werden. Aber das ist dann der nächste Schritt.