Erstaunliche Ungnade

In ihrem Roman „Gnade“ dreht Toni Morrison das alte christliche Konzept auf Links. Gnade bezeichnet einen Akt der Zuwendung, und zwar eines höher oder besser Gestellten zu jemandem, der niedriger gestellt ist, ohne dass dieser einer Anspruch darauf hätte. Gnade meint in diesem Sinn natürlich etwas sehr Positives: Gnade ermöglicht Freiheit und Neuanfang, wie bei einem begnadigten Sträfling oder jemandem, der aus einfachen Verhältnissen herausgeholt und dem gesellschaftlicher Aufstieg ermöglicht wird. Diese Gnadenerfahrung wird sehr schön in Charles Dickens „Hohe Erwartungen“ erzählt und literarisch durchbrochen, wenn der kleine Pip meint durch die wohlhabende Miss Havisham auserwählt zu sein, den einfachen Verhältnissen zu entsteigen und ein Gentleman zu werden. Bei Toni Morrison ist es die Mutter der kleinen Florens, die glaubt, dass ihre Tochter durch Gottes Gnade aus dem Sklavenstand wenn auch nicht befreit, so doch zumindest in einem anderen Haus bessere Chancen erhält. „Erstaunliche Ungnade“ weiterlesen

Notizen zur Kunst der Predigt

Die sieben freien Künster. Kolorierte Federzeichnung (wikimedia)

Ist Predigen eine Kunst? Martin Nicol und Alexander Deeg verstehen das „Predigtmachen als Kunst unter Künsten“ und die Predigt als „Kunstwerk mündlicher Kommunikation“. David Buttrick, dem Nicol und Deeg den für ihren Ansatz zentralen Moves-Begriff verdanken, schreibt hingegen: „preaching is not an art“. Dieser Widerspruch lässt sich quer durch die homiletischen Diskussionen verfolgen, wobei die meisten Homiletiker einer oberflächlichen Schätzung nach eher für den Kunstcharakter der Predigt votieren – entweder explizit, wie in Marcel Martins Rede von der „Predigt als offenem Kunstwerk“, oder implizit in Josuttis Zordnung der Predigt zur Rhetorik, also zu den artes liberales.

Ob Predigen eine Kunst ist oder nicht hängt davon ab, was unter Kunst zu verstehen ist. Leider äußern sich die wenigsten Homiletiker dazu. Buttrick konkretisiert beispielsweise, Predigen sei keine literarische Kunst, sondern Reden („Preaching is not literary art, it is speaking“). Reden im Sinne der Rhetorik gehört aber klassisch zu den sieben freien Künsten. Darauf scheinen Nicol und Deeg anzuspielen, wenn sie Predigt als „Kunst unter Künsten“ sehen. Auch eine lange Listen homiletischen Ansätze und ihres Kunstbezugs könnte die Frage nicht klären, ob Predigt nun Kunst ist oder nicht, denn in jedem einzelnen Fall müsste erst einmal geklärt werden, was denn hier jeweils unter „Kunst“ verstanden wird.

Es gibt das umstrittene Diktum, Kunst komme von Können. Hartnäckig hält sich das Gerücht, es stamme von Goebbels oder Hitler und stünde im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Kampagne gegen eine angeblich „entartete Kunst“. Die Formulierung findet sich aber schon bei Herder. Im Künstler fallen bei Herder Können und Kenntnis zusammen. Wer nur Kenntnisse hat, ist ein reiner Theoretiker, und wer nur kann, ist bloß Handwerker. Für Kunst braucht es nach Herder daher beides: Können und Kenntnis. Aber auch wenn Herders etymologische Herleitung der Kunst von Können durchaus richtig ist, lässt sich das Phänomen der Kunst dadurch nicht umfassend beschreiben. Sonst endet man tatsächlich schnell bei der Diagnose einer Kunst als „entartet“. Die Frage wäre dann: Was ist Kunst über Können und Kennen hinaus?

Vor ein paar Jahren hat Evelyn Finger in der ZEIT darüber geklagt, viele gegenwärtige Prediger hätten sich aus der „großen deutschen Tradition der geistlichen Kunstrede verabschiedet“. Sie nennt als Beispiele für diese Tradition unter anderem Meister Eckhart, Luther, Herder und Schleiermacher. Einerseits sah Finger das der akuten Zeitnot geschuldet, andererseits erkannte sie auch Probleme in neueren homiletischen Ansätzen, die –  wie sie polemisch zuspitzte – zu „rhetorisch aufgemotzt(en)“, an den darstellenden Künsten orientierten und als Event inszenierte Predigten anleiten würden, theologischen Tiefgang aber vermissen ließen. In Fingers Kritik läuft der Widerspruch von Predigt als Kunst und der Kritik an einer Predigt, die kunstvoll sein will, auf seltsame Weise zusammen, weil sie im gleichen Text offenbar mit unterschiedlichen Begriffen von Kunst operiert. Was die Predigt zur Kunst macht scheint bei Finger das Wahre und theologisch Bedeutsame zu sein.

Christoph Menke bestimmt Kunst über eine enge Verbindung zur Freiheit: Kunst bedeutet, sich frei machen zu können von der Bedingtheit menschlichen Existenz. Durch die Einbildungskraft ist der Mensch in der Lage frei Bilder aus sich heraus hervorzubringen. Religiös gewendet könnte man sagen: Kunst transzendiert das Diesseits, in dem der Künstler sich ein Jenseits dieser Welt und ihrer Bedingtheit schafft, allein aus der Kraft seiner Einbildung. Würde man Predigt in diesem Sinne als Kunst verstehen – ein für manche sicher blasphemischer und dennoch reizvoller Gedanke – wäre dies etwas völlig anderes, als das, was Nicol und Deeg behaupten und Buttrick bestreitet.

Ist Predigen eine Kunst? Die Auseinandersetzung mit der Frage ist ein Kampf mit der Hydra, denn mit jedem Versuch einer Klärung taucht ein neuer, ungeklärter Begriff auf: Können und Kenntnis, Wahrheit und Freiheit. Das Problem ist, dass kein einheitlicher Begriff von Kunst vorliegt. Wer sagt oder bestreitet, dass Predigt Kunst sei, muss also eigentlich immer dazu sagen, in welcher Hinsicht er von Kunst spricht. In einer lockeren Folge von Notizen will ich dem in Zukunft etwas nachgehen.

Zwischen Kultur und Glauben

Das Wittenberger Zentrum für evangelische Predigtkultur hat einen dritten Band mit Ergebnissen aus seiner Arbeit vorgelegt: „Übergänge. Predigt zwischen Kultur und Glauben“. Leider hat das Buch, trotz des interessanten Themas, homiletisch nicht viel lesenswertes zu bieten.

Heraus sticht Kerstin Wimmers Beitrag zur „Poetik des Dialogs“, eine reflektierte Meditation über das Verhältnis von Gesagtem und Ungesagtem, Bekanntem und Fremdem in dem Predigt. Die Arbeit an der Predigt besteht für Wimmer nicht nur darin, die richtigen Worte zu finden und möglichst alles zu sagen, was zu sagen ist, sondern auch sich in der „Kunst der Enthaltung“ zu üben. Der Prediger „muss auch überlegen, was man er nicht sagen möchte“, auch wenn er durchaus wünschen kann, die Zuhörer mögen zwischen den Zeilen heraushören, was nicht gesagt wurde. Ein zweiter Gedankengang reflektiert die Spannung von Bekanntem und Unbekanntem. Diese Spannung aufzuspüren ist für Wimmer ein hermeneutisches Prinzip für den Prozess der Predigtvorbereitung. Zwar ist alles nur angerissen, aber dennoch klar und inspirierend zu lesen.

Wimmer hebt sich wohltuend von anderen Beiträgen ab, wie den wieder einmal recht geschwätzigen Texten des Herausgebers Dietrich Sagert. Auch die Beiträge von Dirk Pilz zu Charles Taylor und Aleida Assmann enttäuschen. Gerade sein Aufsatz zu Taylors Verständnis von Glaube und Kultur in der modernen Gesellschaft hätte thematisch ein Hauptartikel des Bandes werden können. Leider verliert sich Pilz im Dickicht des eigenen Unverständnisses und liefert dazu noch ein schlecht geschriebenes (Rede?-)Manuskript ab.

„Übergänge. Predigt zwischen Kultur und Glauben“ setzt keine besonderen Impulse. Andererseits ist es mit 14,80€ erschwinglich. Vielleicht sollte man den Band eher als Zeitschrift im Buchformat verstehen, mit qualitativ höchst unterschiedlichen Beiträgen. Wer reinschauen mag, sollte einen Blick werfen auf Alexander Deegs Bericht über die gegenwärtige Homiletik im Kontext der Societas Homiletica, sowie auf Daniel Weidners „Bibel als Literatur“.

Kathrin Oxen und Dietrich Sagert (Hg.): Übergänge. Predigt zwischen Kultur und Glauben, Evangelische Verlagsanstalt: Leipzig 2013. 314 S. – ISBN 3374033296 – 14,80 €

Homiletik in der Übersicht

Wie verstehen eigentlich Praktische Theologen ihre homiletischen Ansätze praktisch? Die Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, denn Homiletik als reflektierte Betrachtung der Predigtpraxis zielt nicht unbedingt auf die Praxis konkreter Predigtvorbereitung und -performanz. Insofern folgt der Homiletik-Band aus der Reihe „elementar“ bei V&R einer interessanten Konzeption: Vierzehn wichtige Homiletiker der Gegenwart stellen nicht nur ihren Ansatz selbst vor, sie präsentieren auch ein eigenes oder fremdes Predigtmanuskript, in dem sie das eigene Konzept gut wiedererkennen. „Homiletik in der Übersicht“ weiterlesen

Homiletischer Kindergarten

Mit der Post flatterte heute Morgen die aktuelle Ausgabe der idea spektrum (9.2014) als Werbung ins Haus. Die Ausgabe titelt „Wie viel Bibel darf es denn sein?“ und ab Seite 16 dürfen sich Wilhelm Gräb und Helge Stadelmann über die Frage streiten, was eine gute Predigt ausmacht. Leider finden Sie vor lauter Streit zwischen liberaler und evangelikaler Stellung aber keine Zeit, eine angemessene und zeitgemäße, geschweige denn überraschende Antwort zu geben.

Tatsächlich dreht sich das ganze Gespräch weniger um die Frage nach der guten Predigt als darum, welche Aufgabe die Predigt hat und welche Rolle der Bibel darin zukommt. Helge Stadelmann ist Autor der evangelikalen Predigtlehre „Kommunikativ predigen“, die vor der Neuauflage den Titel „Schriftgemäß predigen“ trug. Er macht sich vor allem für die evangelisierende Funktion der Predigt stark und sieht in der Bibel Gottes Wort in menschlicher Sprache, das für die heutigen Leser ausgelegt werden muss. Wilhelm Gräb, Schleiermacher-Experte und Autor der bei V&R erschienenen „Predigtlehre“, versteht Predigt als religiöse Rede, die Menschen auf ihre aktuellen Fragen hin anspricht, und dazu die Bibel kritisch nach Antworten befragt.

Natürlich liegen im unterschiedlichen Verständnis der Bibel fundamentale Differenzen verborgen. Aber längst hat, wie auch Stadelmann betont, ein Dialog zwischen historisch-kritischer und evangelikaler Theologie begonnen, von dem beide Seiten lernen können. So konzediert auch Gräb in dem Gespräch, „dass die historisch-kritische Theologie nicht glaubensproduktiv ist“. Trotzdem ist es schade, dass das Gespräch so wenig konstruktiv verläuft. Die unzweifelhaft bestehenden Differenzen werden erschwerend überlagert durch Vorurteile, gegenseitigen Unterstellungen und Missverständnisse. Ich halte zwar Gräbs Argumentation für besser und überzeugender, aber ich befürchte, das liegt nur daran, dass ich seinen Ansatz im Wesentlichen teile. Leser, die mit Stadelmanns evangelikaler Haltung sympathisieren, werden mit genauso guten Gründen dessen Position für besser vertreten halten.

Zwar ist das gemeinsame Interview als Streitgespräch überschrieben, aber meines Erachtens sollte in einem Streitgespräch die eigene Position scharf profiliert und durch Argumente von einer Gegenposition abgegrenzt werden. Das passiert aber leider kaum. Eher finde ich mich in einem homiletischen Kindergarten wieder: „Du bist schuld!“ – „Nein, du!“ – „Gar nicht wahr!“ – „Doch!“ – „Nein!“ – „Doch!“. Am Ende und sehr unvermittelt kommt die Kindergärtnerin in Gestalt des Moderators Karsten Huhn und sagt: „Habt  ihr beide nicht auch was voneinander gelernt?“ Da erweist sich die  Antwort des evangelikalen Stadelmann als offener als die des liberalen Gräb. Stadelmann hat nämlich gelernt den Alltag genauer zu beobachten und darin nach religiösen Spuren zu suchen. Gräbs Schlusssatz ist dagegen nicht nur peinlich-unterreflektiert, wenn ihm „die Wichtigkeit der Auslegung des Bibeltextes“ klar geworden ist. Am Ende streckt Gräb Stadelmann doch nochmal die Zunge raus. Da sind wir dann wieder zurück im Kindergarten.

Tabu spielen in der Predigt

„Sieben Wochen ohne Große Worte“ ­ die Anregung des Zentrums für Predigtkultur ist zunächst einmal interessant: In der Passionszeit sollen Pfarrerinnen und Pfarrer einmal sieben Wochen auf große Worte verzichten. Eine Liste mit 49 Beispielen kann man sich mit der Post zuschicken lassen. Sie hängt mittlerweile über meinem Schreibtisch. Auf der Internetseite des Predigtzentrums kann man sich die Liste ansehen. Sie enthält viele theologische -ung-, -heit- und -keit-Wörter aber auch Begriffe wie „Gott“, „Christus“ und „Kreuz“. (Nachtrag: Es gibt jetzt eine eigenen Internetseite zur Aktion unter https://www.ohne-grosse-worte.de.)

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Robinsons Phasen der Predigtvorbereitung

Schreibtisch
Die Vorbereitung der Predigt am Schreibtisch

Haddon Wheeler Robinson, 1931 in New York geboren gilt als einflussreicher Homiletiker evangelikaler Prägung. Nach dem Studium war er zunächst Pastor einer Baptistengemeinde und unterrichte dann am konservativ-evangelikalen Dallas Theological Seminary. Nach der Promotion in Philosophie 1964 war er von 1979 bis 1991 Dozent und Rektor am Denver Theological Seminary, wo 1980 sein Buch „Biblical Preaching“ entstand. Seit 1991 hat er eine Homiletik-Professur an einer der größten evangelikalen Ausbildungsstätten der USA inne, dem Gordon-Conwell Theological Seminary.

Obwohl ich Robinsons theologischen Ansatz nicht teile und auch homiletische Einwände zu erheben haben, schätze ich „Biblical Preaching“ (dt.: Predige das Wort). Was mir gefällt ist Robinsons pragmatischer Ansatz: Kern der Predigtarbeit ist danach, sich darüber klar zu werden, was man sagen will, indem man seine Gedanken klar auf eine Kernaussage hin orientiert.

Für die Predigtvorbereitung schlägt Robinson zehn Phasen vor. Ein Schwerpunkt liegt darauf, sich zuerst über Predigtthema und Predigtzweck klar zu werden, bevor eine Gliederung der Predigt entworfen wird. Anschließend wird die Gliederung mit illustrierendem, reflektierendem und erläuterndem Material gefüllt.

Natürlich ergeben sich aus heutiger Sicht gleich zwei grundlegende Einwände. Der erste Einwand ist, dass so eine Schrittfolge zu starr ist. Angemessener erscheint mir heute ein Phasenmodell mit gröberen Schritten, das ein Hin-und-her-Springen zwischen verschiedenen Arbeitsschritten ermöglicht. Der zweite Einwand ist, dass die Illustrationen bloß als Füllmaterial für das Gedankenskelett verstanden werden. Heute gilt es dagegen, mit dem Material zu denken, so dass Gedanken, Geschichten und Illustrationen sich zu einem Gewebe verdichtet. Oder kurz: Die Geschichten sind die Predigt, nicht ihr Füllmaterial.

Stärken treten in diesem Phasenmodell an zwei Punkten hervor: Alle Predigtarbeit dreht sich darum, sich über Predigtthema und Predigtzweck klar zu werden. Und: Die Einleitung und den Schluss der Predigt überlegt man am besten am Ende.

Phase 1 – Auswahl des Predigttextes (43): In Robinsons freikirchlichem Kontext taucht zwar keine Perikopenordnung auf, doch auch eine Perikopenordnung bewahrt nicht vor der Entscheidung, sich rechtzeitig für einen Predigttext zu entscheiden.

Phase 2 – Studium des Bibeltextes (46): Hierunter fallen selbstredend exegetische Überlegungen.

Phase 3 – Erarbeitung des Textthemas (50): Robinson unterscheidet hier zwischen Textgegenstand (wovon der Text handelt) und der Textaussage (Was wird über den Gegenstand ausgesagt) Das Textthema lässt sich formulieren durch eine Verbindung von Textgegenstand und -aussage.

Phase 4 – Analyse des Textthemas mithilfe von drei grundsätzlichen Fragen (59): Was bedeutet diese Aussage (61), ist die Aussage heute noch gültig (63) und welche Konsequenzen ergeben sich daraus (69)?

Phase 6 – Festlegung des Predigtzwecks (86): Aus Text- und Predigtthema als Zusammenfassung der biblischen Botschaft wird als Predigtzweck daraus abgeleitet, wozu diese Botschaft dienen soll.

Phase 7 – Denke darüber nach, wie das Predigtthema am besten entfaltet wird, um den Predigtzweck zu erreichen. (91) Robinson stellt hier knapp fünf Gestaltungsmöglichkeiten von Predigten vor: Erklärung eine Aussage (92), Überprüfung einer Behauptung (95), Anwendung eines Prinzips (97), Erläuterung eines Themas (99) und das Erzählen einer Geschichte (101).

Phase 8 – Nachdem du entschieden hast, wie du das Predigtthema entfaltest, um den Predigtzweck zu erreichen, entwirft eine Predigtgliederung. (106) Für den Prediger zielt die Gliederung darauf, den Zusammenhang der Predigtteile nicht aus dem Blick zu verlieren. Für die Hörer erleichtert eine klare Gliederung, den Gedanken des Predigers zu folgen.

Phase 9 ­ Fülle die Gliederung mit ergänzendem Material, welches die Punkte erklärt, prüft, illustriert oder zur Anwendung bringt. (113) Dazu nennt Robinson sechs Materialformen: Umformulierungen, Definitionen und Erklärungen, Sachinformationen (Tatsachen), Zitate, Erzählungen, Illustrationen

Phase 10 ­ Bereite die Einleitung und den Schluss der Predigt vor. (131)

Robinsons Rat zum Zettelkasten

Zettelkastenreiter

In Haddon Robinsons Buch „Predige das Wort“ (Originaltitel: Biblical Preaching) wird sehr schön der Einsatz von Zettelkästen für Prediger beschrieben. In seinem Kapitel über die lebendige Ausgestaltung eines Predigtentwurfes mit illustrierendem Material schreibt Robinson:

„Das meiste Material findet der Prediger zweifellos in seiner eigenen Sammlung. Deshalb sollte es sich ein gutes Ordnungssystem dafür anlegen. Denn was er dort für seine Predigt findet, hängt völlig davon ab, was und wie er es hinein getan hat. Es gibt viele Systeme, um die Ergebnisse des Studiums und Lebens zuordnen. Normalerweise benötigt man zweierlei Karteien. In die eine Großformatige ordnet man Predigtnotizen, Auszüge und Kopien so, wie sie sind. Sie können eingeteilt sein nach Themen oder nach den Büchern der Bibel.

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Weiter twittern?

“Twitter ist meine Poesie- und Informationsmaschine. Meine Stammkneipe ist allerdings Facebook.” Keine Ahnung, wie Jackie Asadolahzahdehs Twitteraccount heißt, aber ZEIT Online zitiert aus ihrem Buch einen Satz, den ich gut nachvollziehen und mir zu eigen machen kann: Facebook ist das soziale Netzwerk, über das bei mir neben Whatsapp und E-Mail die meisten Kontakte laufen. Twitter finde ich nach wie vor interessant, ist aber tatsächlich eher eine Nachrichten- und Meinungsmaschine zu aktuellen Ereignissen sowie eine Art öffentliches Notizbuch.

Insgesamt kann ich sagen: Ich lese mehr, als ich schreibe. Dabei kommt nicht mehr raus als alle zwei bis drei Tage ein Tweet. Mein seltenes Schreiben hat auch mit dem zu tun, was mich an anderen Twittern stört: Viele Autoren und Kreativ-Schreibende bewerben ihre Bücher, senden immer wieder die gleichen Meldungen oder bilden, was wir an der Uni einst „Zitierkartelle“ nannten: einen Kreise von Leuten, die sich gegenseitig erwähnen, empfehlen und zitieren. Wahrscheinlich ist das professionell, weil so die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Tweets auch gelesen werden. Mich stört es. Ich schreibe nach wie vor, was ich selbst lesen wollte, hätte ich die Info nicht. Wenn ich nichts zu twittern habe, twittere ich nichts.

Im vergangenen Jahr habe ich bei Twitter die thematische Beschäftigung mit Notieren, Schreiben, Reden und Predigen von privaten Dingen getrennt. So hat sich @homilia_blog als Hauptaccount entwickelt. Daneben haben ich den Account @KarstenDittmann angelegt, den ich aber kaum nutze. Die Trennung ist nicht immer ganz durchgehalten. Manche Notiz, die thematisch nur am Rande zum Homilia-Blog passt, habe ich doch über @homilia_blog getwittert. Mich selbst nerven allerdings indifferente Tweets – zumindest dann, wenn ich aus thematischen Gründen folge: Mich interessiert in der Regel nicht die Person, die twittert, sondern die Nachricht und das Thema.

Ich bin kein leidenschaftlicher, sondern ein pragmatischer Twitter-, Facebook-, Whatsapp- oder E-Mail-Nutzer. Was keine Funktion hat, nutze ich nicht. Hat Twitter eine Funktion? – Ich weiß es nicht. Darum will mir ein drittes Twitterjahr gönnen. In den vergangenen Wochen habe ich meine persönlichen Homepages etwas neu strukturiert. Die älteste Seite holmespeare.de wird zu einer Visitenkarte im Netz, die Kontaktmöglichkeiten aufzeigt und auf die anderen Seiten verweist. Die Predigt-Seite homilia.de und Dissertations-Seite traditio.de bleiben, wie sie waren. An die Stelle von holmespeare.de tritt notiznehmen.de, wo ich in Zukunft veröffentliche, was mich persönlich (nicht privat) interessiert: als Pastor, als Philosoph, als Leser etc. Vielleicht nutze ich in Zukunft @KarstenDittmann als Twitter-Anhang zu notiznehmen.de, so wie @homilia_blog am homilia.de hängt. Auf jeden Fall werde ich mich mit @homilia_blog noch stärker auf Notieren, Schreiben, Reden und Predigen konzentrieren.