Ins Labyrinth der Zettel

Zettelkästen sind für viele, die schreiben, eines der wichtigsten, kreativen Werkzeuge. Eine Ausstellung im Deutschen Literaturarchiv in Marbach erlaubt im Jean-Paul-Jahr 2013 einen Einblick in die sonst verschlossenen Zettelwelten, denn in der Regel findet sich im Labyrinth der Zettel nur der zurecht, der es angelegt an. Wem die Reise an den Neckar zu weit ist, kann sich an einem großartig gestalteten Katalog erfreuen, der gerade erschienen ist. Neben einem 163-seitigen Textteil gibt es einen rund 220-seitigen Bildteil, der einen guten Einblick gibt in die Vielgestaltigkeit von Zettelkästen. Allein das Stöbern darin ist eine große Freude.

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Mini-Knigge – Regel 6: Einfache und klare Gesten

Verwende einfache und klare Gesten. Gesten sind symbolische Bewegungen. Damit sind Gesten ein wichtiger Teil der Kommunikation im Gottesdienst. Ähnlich wie beim Reden gibt es auch bei den Gesten viel Überflüssiges und manch typisch Kirchliches. Es erleichtert das Verständnis von  Gesten, wenn sie klar und einfach sind. Umgekehrt sollten Gesten vermieden werden, deren Bedeutung nicht eindeutig ist oder die keine liturgische Funktion haben.

Bei Gesten ist es gut und wichtig, sich klar zu machen, was die Geste symbolisiert: Die Segensgeste bildet zum Beispiel das Handauflegen nach. Dieses angedeutete Handauflegen sollte in der Geste auch zum Ausdruck kommen, und nicht etwa die Assoziation „Hände hoch“ auslösen. Eine andere typisch kirchliche Geste ist das Kreuzzeichen. Manche Liturgen scheinen das Kreuz mit mehreren Strichen in die Luft malen zu wollen, was für den Beobachter wie ein wildes Gefuchtel erscheint. Statt die Kreuzbalken mehrfach zu markieren, genügt eine eindeutige Bewegung mit klar erkennbarem Ansatz. Zu den unklaren und überflüssigen Gesten gehört, der Gemeinde das Aufstehen und Hinsetzen beispielsweise durch ein Kopfnicken und einen auffordernden Blick oder durch ein Winken mit der Kladde anzuzeigen: Diese Gesten sind weder eindeutig noch haben sie eine liturgische Funktion.

(Viele gute Beobachtungen und Überlegungen zu diesem Thema finden sich in Thomas Kabels Handbuch Liturgische Präsenz.)

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Mini-Knigge – Regel 5: Vermeide Rechtfertigungen

Vermeide Rechtfertigungen und Selbsterklärungen. Bei einer Rechtfertigung geht es darum, sich nach einem Fehlverhalten in ein rechtes Licht zu rücken. Allerdings lenkt jede Rechtfertigung, Entschuldigung und Selbsterklärung die Aufmerksamkeit erst recht auf das, wofür man sich entschuldigt. Für den Gottesdienst ist das in der Regel etwas völlig unbedeutendes. Bei Kleinigkeiten sollte man deshalb kommentarlos darüber hinweggehen und fortfahren. Mutet ein Liturg der Gemeinde tatsächlich etwas zu, kann zwar eine kurze Bitte um Entschuldigung angebracht sein, weitergehende Erklärungen sind aber im Rahmen eines Gottesdienstes oder einer Andacht fehl am Platz.

Gründe für den Drang, sich zu rechtfertigen gibt es viele: zu spät kommen, etwas vergessen haben, sich versprechen, etwas verwechseln. Kaum etwas ist nerviger als jemand, der sich dauernd für Kleinigkeiten wie ein Versprechen entschuldigt. Selbst wenn man sich mehrfach beim Vorlesen verspricht: Es ist besser, einfach nicht drauf einzugehen, als jedes Mal ein „Entschuldigung“ einzubauen und am Ende gar noch eine Erklärung anzuhängen (das Licht sei so schlecht oder man habe die falsche Brille dabei etc. …). Auch bei extremeren Beispielen sollte man mit rechtfertigenden Erklärungen sparsam sein: Wer etwa bei einer Beerdigung zu spät kommt, sollte zu Beginn der Trauerandacht im Rahmen der Begrüßung kurz um Entschuldigung zu bitten und dann die Aufmerksamkeit auf den eigentlichen Grund der Zusammenkunft zu lenken. Im Mittelpunkt steht nicht das peinliche Gefühl des Liturgen, sondern die existentielle Betroffenheit der Trauernden.

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Mini-Knigge – Regel 4: Mach Pausen

Mach genügend Sprechpausen. Dem Gottesdienst tut eine ruhige Gangart gut. Weil wir im Fernsehen und im Radio das pausenlose Reden gewohnt sind, wirken Pausen oft unprofessionell und wie Fehler: Sie scheinen ungenutzte Zeit zu sein. Das ist aber nicht so, sondern es ist wie in der Musik: Durch Pausen erhält jeder Gottesdienst seine besondere Struktur, seinen Rhythmus – in seinen Teilen wie als Ganzes. Neben dem Pausenzeichen, das für ein bewusstes Aussetzen sorgt, gibt es in der Musik auch das Atemzeichen als Signal zum Luftholen. Beides ist auch für den Gottesdienst wichtig. Pausen erzeugen die notwendige Spannung, um aufmerksam zu bleiben für die Feier des Gottesdienstes und im Hören der Predigt. Zudem: Wo, wenn nicht im Gottesdienst, könnte man lernen auch in die Stille und das Schweigen hinein zu hören?

Pausen sind gut und wichtig sowohl innerhalb der einzelnen liturgischen Bausteine wie den Gebeten, beim Lesen biblischer Texte und als auch bei der Predigt. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, wann Pausen möglich, sinnvoll, und oft sogar nötig sind: Jedes Komma, jeder Punkt, jeder Absatz und neuer Abschnitt ist ein Signal eine Pause zu machen – zum Luftholen oder zum bewussten, spannungserzeugenden Aussetzen. Bereits beim Verfassen der Predigt ist es sinnvoll, diese Pausen mit zu bedenken. Hilfreich ist, jedem einzelnen Gedanken einen eignen Absatz zu geben und größere Sinneinheiten durch Zwischenüberschriften zu gliedern. Jeder Absatz und Abschnitt dient dann als Pausenzeichen. Gerade bei der frei gehaltenen Predigt dient die Pause dem Prediger als kurze Neuorientierung: Wo bin ich jetzt? Wo will ich hin? Und die hörende Gemeinde hat Zeit und Ruhe, den Gedankenbewegungen der Predigt zu folgen.

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Mini-Knigge – Regel 3: Sich Einleitungsformeln aneignen

Eigne dir Ein- und Überleitungsformeln an. Manche liturgischen Teile müssen eingeleitet werden, vor allem, um eine liturgisch nicht routinierte Gemeinde auf dem Weg durch den Gottesdienst mit zu nehmen. Dabei bewegen sich Liturgen zwischen zwei Extremen: Liturgischer Purismus auf der einen und geschwätziger Moderatorenstil auf der anderen Seite. Natürlich muss nicht jeder Schritt eingeleitet werden. Kennzeichen für die Notwendigkeit einer Einleitung- oder Übergangsformel ist, wenn man im liturgischen Vollzug merkt, dass man selbst oder die Gemeinde immer an der gleichen Stelle hakt und stolpert. Hier gilt es, sich bewusst Formeln anzugewöhnen, die kurz und nicht zu floskelhaft den nächsten liturgischen Schritt einleiten.

Typisches Beispiel ist die Einleitung des Glaubensbekenntnisses nach der Lesung oder die Einleitung des Vaterunsers nach der Fürbitte. Kurze Einleitungsformeln könnten sein: „Wir sprechen miteinander das Glaubensbekenntnis“ oder (falls die Gemeinde bei der Lesung sitzt) „Zum Glaubensbekenntnis bitte ich Sie aufzustehen.“ Zwar meinen liturgische Puristen, solche Regieanweisungen gehörten nicht zum Gottesdienst, aber erstens gewinnen nicht routinierte Gottesdienstbesucher aus klaren Hinweisen Sicherheit beim Mitfeiern des Gottesdienstes. Und zweitens ist es besser, zu sagen, welche Handlungen der Liturg von der Gemeinde erwartet, statt beispielsweise mit der Kladde das Aufstehen und Hinsetzen zu signalisieren. Der Moderatorenstil auf der anderen Seite will in oft launig-lockerer Form „durch den Gottesdienst führen“ und gerät dabei leicht ins unkontrollierte Plaudern. Sich bewusst zu überlegen, welche Ein- und Überleitungsformeln man verwendet, hilft, einen Moderatorenstil ad hoc zu vermeiden.

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Mini-Knigge – Regel 2: Auswendig sprechen

Lerne wichtige Texte und liturgische Blocks auswendig. Der Gottesdienst lebt als gemeinsame Feier davon, dass Liturgen und Gemeinde miteinander kommunizieren. Hilfreich für das Gelingen liturgischer Kommunikation ist, wenn liturgische Texte auswendig gesprochen und nicht abgelesen werden, denn dann können Liturgen die Gemeinde ansehen, wenn sie sie ansprechen. Selbst wenn es nicht um im Wechsel gesprochene, liturgische Texte geht, ist das auswendig sprechen Können gut und wichtig. Die Gottesdienstkladde sollte nicht zum Messbuch werden. Nur Gebetstexte und Lesungen können tatsächlich abgelesen werden, weil hier ein kommunikatives Aufblicken in die Gemeinde fehl am Platz ist.

Was Liturginnen und Liturgen auch ohne Kladde auswendig sprechen können sollten, kann sich beispielhaft daran orientieren, was auch Konfirmandinnen und Konfirmanden auswendig lernen müssen: Vaterunser, Glaubensbekenntnis, Gloria Patri, Gloria in excelsis und Einsetzungsworte. Auch ganze liturgische Blöcke sollten kladdenfrei präsent sein. Mit „liturgischen Blöcken“ sind zusammenhängende, liturgische Schritte gemeint, die je nach Gemeinde unterschiedlich sein können. So kann der Einleitungsblock zum Beispiel die Abfolge sein von Votum zur Eröffnung, Gruß, Psalm und Gloria Patri. Und natürlich müssten Liturginnen und Liturgen schließlich den Blick von der Kladde auch wirklich lösen und auswendig mit Blick in die Gemeinde sprechen – insbesondere, wenn es um Wechselrede oder direkte Ansprache geht.

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Mini-Knigge – Regel 1: Einfache und klare Sprache

Verwende eine einfache und klare Sprache. Ganz gleich ob es sich um Gebete, informelle Redeteile oder die Predigt handelt: Die Sprache sollte so einfach und klar wie möglich sein. Das bedeutet zum Beispiel auf Füllwörter, Floskeln und Kirchendeutsch zu verzichten. Ein gutes Kontrollmittel bei ausformulierten Sätzen ist, möglichst kurze Sätze zu formulieren.

Beispiel Kirchendeutsch: Es klingt (ich übertreibe) etwa so: „Ich lade sie herzlich ein aufzustehen und alles das, was uns auf dem Herzen liegt mit hinein zu nehmen in das Gebet, das Jesus einst seine Jünger lehrte und das Christinnen und Christen auf der ganzen Welt bis heute sprechen.“ Einfacher und klarer könnte es lauten: „Ich bitte Sie aufzustehen und in das Vaterunser mit einzustimmen.“ Kirchendeutsch ist ein Sprachstil, der nur in der Kirche begegnet. Ein weiteres typisches Beispiel: „Ich begrüße Sie mit dem Wochenspruch aus Lukas …“ Nirgendwo im normalen Leben wird mit Zitaten begrüßt.

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Liturgischer Mini-Knigge

Auf welche einfachen Grundsätze kann ich mein liturgisches Handeln zurückführen? – Diese Frage habe ich mir vor einem Treffen mit Prädikanten gestellt. Der Prädikantenkonvent hatte sich als Thema Guy Rammenzweigs Liturgischen Knigge aus dem Anhang zum Gottesdienstbuch gewünscht. Beim Lesen habe ich mich gefragt: Ist das tatsächlich auch meine Erfahrung? Rammenzweigs Überlegungen regen zweifellos dazu an, den ganzen Katalog liturgischen Redens und Handelns zu reflektieren. Trotzdem ist mir vieles zu gesetzlich, steif und hochliturgisch (Alexander Seidel hat zu einigen Punkten ganz treffende Nebenbemerkungen gemacht [Link]). So habe ich versucht, meine eigenen zehn Grundsätze knapp als Ratschläge zu notieren – fünf Regeln zum Sprechen, fünf Regel für das weitere Handeln:

1. Verwende eine einfache und klare Sprache.
2. Lerne wichtige Texte und liturgische Blocks auswendig.
3. Eigne dir Ein- und Überleitungsformeln an.
4. Mach genügend Sprechpausen.
5. Vermeide Rechtfertigungen und Selbsterklärungen.

6. Verwende einfache und klare Gesten.
7. Reduziere Auf- und Abtritte auf ein Minimum.
8. Suche und halte Augenkontakt.
9. Triff Entscheidungen und steh dazu.
10. Fehler und Pannen sind normal.

Ich will in den nächsten Tagen/Wochen (je nachdem, wie ich dazu kommen) jeden Gedanken einmal kurz erläutern.

Cartoonale Homiletik

Eine Predigt-Mindmap„Schreib doch mal eine cartoonale Homiletik, über die allmähliche Formulierung der Gedanken beim Zeichnen“, hat Silke vorgeschlagen. Eine schöne Idee. Hätte ich doch mehr Zeit. Das Bild oben zeigt einen Predigtentwurf zu Hiob 14,1-6 – mal gestaltet mit Aquarellfarben, inspiriert von den Überlegungen von Susanne Haun.

Quelle: Redline Verlag http://www.m-vg.de

Wenn es eine cartoonale Homiletik gäbe, sähe sie wahrscheintlich ein bisschen so aus wie Dan Roams „Auf der Serviette erklärt“ (Redline Verlag, München 2009). Das Buch hat zwar weder was mit Homiletik noch mit Cartoons zu tun, aber es demonstriert sehr schön, wie visuelles Denken funktioniert. Es zielt dabei auf grafisches Gestalten bei Vorträgen ab, aber die Grundprinzipien lassen sich auch für die Predigtvorbereitung nutzen.

Dan Roams Grundprinzip ist, das „innere Sehvermögen zu nutzen, …, um Ideen zu entdecken, die sonst unsichtbar sind“ (S.14). Es geht dabei nicht um einen künstlerischen Anspruch, sondern um das Nutzen der Kraft von Bildern, um Ideen so zu entwickeln, dass sie auch anderen schnell und einfach einleuchten.

Ich fand das Buch sehr inspirierend nicht nur für die Predigtvorbereitung, sondern auch für den Einsatz von zeichnendem Erklären und Erläutern im Konfirmandenunterricht und der Erwachsenenbildung. Mittlerweile ist zu dem Buch auch ein Übungsbuch erschienen.

Twitter und homilia

Sarah Lazarovic hatte vielleicht eine schlechte Woche, sagt sie. Aber sie bilanziert über Twitter ernüchtert, es bestehe aus lauter unlustigen Leuten, die versuchen lustig zu sein. In einer wunderbaren Grafik fasst sie ihren Eindruck zusammen:

Woraus Twitter besteht
Sarah Lazarovic kommentiert in einem Cartoon, was Twitter ausmacht

Der Cartoon passt zu einer Frage, die ich mir gerade stelle: Wozu nützt Twitter? Die Frage habe ich mir vor rund einem Jahr schon mal gestellt: Auf der einen Seite habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, kleine Meldungen und Hinweise zu bloggen, ohne das Gefühl zu haben, daraus einen Artikel machen zu müssen. Auf der anderen Seite hat mich interessiert, was andere daran interessiert. Jetzt kann ich mich ein Fazit ziehen: Bezogen auf das, was mich interessiert, was ich mache und wie ich kommuniziere, nützt Twitter nur sehr begrenzt was.

1. Der größte Teil der Nachrichten interessiert mich einfach nicht. Es ist allenfalls die Schwanzspitze, die relevant ist. Ich will nicht wissen, wann jemand aufgestanden ist, wo er sich gerade befindet und was ihm grad durch den Kopf geschossen ist, bloss weil ich seine Interessen bezüglich Homiletik oder kreatives Schreiben teile. In Woody Allens Film „To Rome with love“ gibt es die schöne Episode um den kleinen Angestellten Leopoldo, der im Betrieb allen Leute damit auf die Nerven geht, dass er zu allem und jedem seine unmaßgebliche Meinung hinaus posaunt – bis sich eines Morgens die Medienmaschinerie auf ihn fixiert und diese Meinungen wie wichtige Meldungen in die Welt hinaus posaunt. Harald Martenstein hat sich in seiner ZEIT-Kolumne neulich gefragt, worum man dieses ganze Zeug auf den bunten Seiten der Tageszeitung eigentlich liest. Twitter scheint mir an vielen Punkten nichts anderes zu sein als eine filterlose Nachrichtenseite „Aus aller Welt“. Es gibt die Möglichkeit, über Listen einen Filter auf die Seiten zu setzen, die reine Informationen enthalten und wo niemand seine privaten Infos twittert. Wozu dann aber den anderen noch folgen?

2. Meine Arbeit  bringt Twitter nicht weiter – weder in meinem pastoralen Dienst noch in meinen Interessen Schreiben, Theologie und Homiletik sowie Philosophie. Natürlich gibt es auch bei Twitter eine Reihe von wichtigen Nachrichten, aber auf die meisten stoße ich schon in den RSS-Feeds der Blogs, die ich verfolge. Einige Twitter-User habe ich schon allein deshalb die Gefolgschaft aufgekündigt, weil sie ihre Artikel auf allen Kanälen senden: im Blog, per Twitter, Facebook und Newsletter. Nachdem ich mittlerweile fast alle Newsletter abbestellt habe, werde ich das bei Twitter nun auch tun. Nach einen Jahr Twitter muss ich feststellen: Wichtige Informationen, die ich nicht auch anders bekommen hätte, habe ich bei Twitter nicht erhalten. Es ist einfach nur ein weiterer Kanal, der sendet und meine Aufmerksamkeit verlangt. Schade ist es um ein paar schöne Aphorismen, die manche Twitter-User in 140 Zeichen bringen. Aber es ist mühsam und zeitraubend, sie in dem Wust an überflüssigen Tweets zu finden.

3. Ich kommuniziere offenbar anders als typische Twitter-User. Viele User kommunizieren direkt via „@“ – aber die Leute, mit denen ich in Kontakt stehe, nutzen Twitter nicht: weder Konfis noch Gemeindeglieder noch Kollegen noch Freunde. Meine direkte Kommunikation erfolgt über Mails, Facebook, WhatsApp und SMS. Auch Blog-Leser schreiben mir am ehesten eine E-Mail. Was mich an Twitter stört ist, dass jeder Satz permanent öffentlich ist. Deshalb ist Twitter auch kein WhatsApp oder SMS-Ersatz. Auch als Microblogging nützt mir Twitter nur begrenzt: Was ich sagen will, ist meist länger als 140 Zeichen. Ich habe nicht dauernd etwas zu sagen, aber wenn, dann will ich nicht nur eine Meinung äußern, sondern auch eine Begründung mitliefern. Twitter ist eher ein Medium der bloßen Doxa als der Argumentation.

Auf der anderen Seite sehe ich auch Vorteile: Wenn mein Hoster Probleme zu haben scheint, erfahre ich sehr schnell, ob es anderen auch so geht und ob an dem Problem gearbeite wird. Auch der schnelle Kontakt mit Hotlines ist möglich. Und zu manchen aktuellen Stichworten findet man eine Reihe spontaner Statements, die durchaus inspirierend sein können. Twitter ist ausserdem ein nettes Notizbuch: Kurzer Einfall, netter Link, schönes Zitat – schnell versendet, damit ich es selbst später wiederfinde.

Da ich nun auch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten möchte, werde ich etwas umstrukturieren und weiter experimentieren – vielleicht für ein Jahr. Erstmal trenne ich homilia-Belange von privaten Dingen: Dazu habe ich mir einen zweiten Twitter-Account angelegt. Weil Twitter selbst das Anlegen mehrerer Accounts nicht unterstützt, verwende ich yoono um beide Accounts im Blick zu behalten. Und dann kündige ich allen die Gefolgschaft, die dauernd Sachen twittern, die mich nicht interessieren. Im Gegenzug werde ich natürlich die meisten meiner weniger Follower verlieren, weil bei Twitter eine „Folgst-du-mir-folg-ich-dir“-Mentalität herrscht. Was soll’s. Auf der homilia-Seite dient die TwitterApp als Mini-Blog und Notizbuch zum Thema Predigen, Schreiben und Kreativität. Das Prinzip wird dabei sein: Ich twittere auf diesem Kanal nur, was mich selbst als Tweet interessieren würden.